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Rüstungsunternehmen KNDS übernimmt Alstom-Werk in Görlitz: So viele Jobs bleiben erhalten

Am Mittwoch wurde im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz und Ministerpräsident Michael Kretschmer die Übernahme des Görlitzer Alstom-Werks durch KNDS besiegelt. So sieht der Deal aus.

Lesedauer: 3 Minuten

Sebastian Beutler und Tobias Winzer

Görlitz. Beim Görlitzer Schienenfahrzeugbauer Alstom sollen künftig Rüstungsgüter produziert werden. Der deutsch-französische Konzern KNDS übernimmt das Werk. Die Einzelheiten der Übereinkunft wurden am Mittwoch im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) vorgestellt. Anschließend erfuhren auch die Mitarbeiter die Details auf einer Belegschaftsversammlung, an der auch Kretschmer teilnahm.

Alstom und KNDS präsentierten am Mittwoch im Beisein von Ministerpräsident Michael Kretschmer (li.) und Kanzler Olaf Scholz (2. v. re.) die Vereinbarung über die Übernahme des Görlitzer Standorts durch KNDS. Rechts der Vertreter der IG Metall Brandenburg-Sachsen, Dirk Schulze.
Alstom und KNDS präsentierten am Mittwoch im Beisein von Ministerpräsident Michael Kretschmer (li.) und Kanzler Olaf Scholz (2. v. re.) die Vereinbarung über die Übernahme des Görlitzer Standorts durch KNDS. Rechts der Vertreter der IG Metall Brandenburg-Sachsen, Dirk Schulze.
Quelle: Martin Schneider

580 der 700 Beschäftigten sollen Angebote bekommen

350 bis 400 der rund 700 Beschäftigten können weiter in Görlitz arbeiten. Bis zu 75 Mitarbeiter von Alstom Görlitz sollen Angebote für andere Standorte von KNDS, weitere 100 Mitarbeiter für andere Alstom-Standorte erhalten, voraussichtlich vor allem in Bautzen. Insgesamt sollen also rund 580 der 700 Beschäftigten Angebote bekommen. Für alle anderen soll es sozialverträgliche Lösungen geben. Kanzler Olaf Scholz betonte, dass man noch nicht am Ziel sei und weiter daran arbeite, dass allen Mitarbeitern eine Anschlussbeschäftigung angeboten werde, etwa auch bei Zulieferern von Alstom und KNDS.

Scholz ordnete die Übernahme in Görlitz in seine Politik nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine ein, die Bundeswehr besser auszurüsten, die Wehrindustrie hochzufahren und insgesamt in Europa mehr für die Verteidigung zu tun. „Die Produktion in Görlitz sorgt für mehr Sicherheit für Deutschland und Görlitz.“

Die IG Metall lobte zwar die Übernahme durch KNDS, kritisierte aber Alstom dafür, dass es sich nicht an den Zukunftstarifvertrag halte. Beide Seiten tragen ihren Streit mittlerweile vor Gericht aus. Auch gelang es am Vorabend in stundenlangen Verhandlungen nicht, sich auf einen Sozialplan für den Görlitzer Standort zu einigen.

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer lobte in bemerkenswerter Weise wenige Wochen vor der Bundestagswahl Kanzler Olaf Scholz. Görlitz habe Bundeskanzler Scholz viel zu verdanken. Er habe auch schon die Ansiedlung des Großforschungszentrums für Astrophysik sowie den Bau der Schnellstrecke Berlin-Görlitz durchgesetzt. Das zeige, dass es Politiker der Mitte seien, die die Probleme in Deutschland lösen könnten.

Kretschmer sicherte Alstom zu, alles für den Erhalt des Standorts in Bautzen zu tun, wo 1000 Mitarbeiter tätig sind. Alstom bleibt in Deutschland mit 9000 Arbeitsplätzen an 13 Standorten auch nach der Aufgabe von Görlitz ein wichtiger Arbeitgeber, davon 3700 in den neuen Ländern und Berlin. In Bautzen und Salzgitter soll sich fortan der Fahrzeugbau konzentrieren, Hennigsdorf für Service und Digitalisierung zuständig sein. „Alstom steht zum Industriestandort Deutschland“, erklärte Tim Dawidowsky, bei Alstom für Zentral- und Nordeuropa zuständig.

Vor einem Sanitär-Radpanzer Boxer unterhalten sich am Mittwoch im Görlitzer Alstom-Werk Ministerpräsident Michael Kretschmer, KNDS-Vorstand Florian Hohenwarter, Bundeskanzler Olaf Scholz und der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider (rechts).
Vor einem Sanitär-Radpanzer Boxer unterhalten sich am Mittwoch im Görlitzer Alstom-Werk Ministerpräsident Michael Kretschmer, KNDS-Vorstand Florian Hohenwarter, Bundeskanzler Olaf Scholz und der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider (rechts).
Quelle: Martin Schneider

KNDS-Vorstandsmitglied Florian Hohenwarter kündigte Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe an. KNDS plant ab nächstem Jahr, in Görlitz verschiedene Baugruppen für den Kampfpanzer Leopard 2 und den Schützenpanzer Puma sowie Module für verschiedene Varianten des Radpanzers Boxer zu produzieren. Derzeit stellt Alstom in Görlitz Doppelstockwagen sowie verschiedene Straßenbahnen her, unter anderem für das Unternehmen Heiterblick die neuen Leipziger Tram-Modelle.

Die Proteste vor dem Alstom-Werk in Görlitz, zu dem BSW, Freie Sachsen und die Linkspartei aufgerufen hatte, fielen weitaus geringer aus als gedacht. Angemeldet waren Demonstrationen für 500 Personen, tatsächlich versammelten sich am Ende weniger als 100.

SZ

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