Suche
Suche

Sachsen greift nach den Sternen und bekommt für Görlitz die ersten Millionen

Das Deutsche Zentrum für Astrophysik in der Lausitz nimmt konkretere Gestalt an – und bekommt jetzt das erste eigene Geld für den Aufbau.

Lesedauer: 3 Minuten

Man sieht 2 große Teleskopen im Deutschen Zentrum für Astrophysik
Die Daten der größten Teleskope weltweit sollen einmal in Görlitz zusammenkommen, im Deutschen Zentrum für Astrophysik. Jetzt kam dafür das erste Geld vom Bund. © NIKHEF

Von Stephan Schön

Dresden/Görlitz. Kick-off im Festsaal der TU Dresden. Dort im Rektorat sind am Freitagabend mehr sächsische Institutsdirektoren und Rektoren auf nur wenigen Quadratmetern versammelt, wie selten. Vielleicht auch wie noch nie. Hier startet eines der größten Vorhaben des Freistaates in der Wissenschaft. Das Deutsche Zentrum für Astrophysik (DZA) mit Sitz in Görlitz hat seinen Zeitplan, die Institutsspitze und erste Professoren. Vor einem Jahr war die Entscheidung in einem harten Wettbewerb für dieses Zentrum gefallen.

Ein weiteres Großforschungszentrum entsteht in Delitzsch und Leuna. Noch unbekannte Chemie der Zukunft. Das CTC, das Center for the Transformation of Chemistry, wird aufgebaut. Spektakulär und absolut neu. Beides, das DZA und das CTC, wird mit Strukturgeldern für den Braunkohleregionen finanziert.

Sachsen geht damit eigene Wege und setzt damit auf Projekte, die über Jahrzehnte in die Region wirken werden. Das Deutsche Zentrum für Astrophysik ist jetzt auf den Weg gebracht. Zufall oder nicht, pünktlich zum Kick-off wurden vom Bund die ersten eigenen Millionen überwiesen. 40 Millionen werden es für die ersten 30 Monate sein. Fertig ausgebaut werden dort unmittelbar an die 1.000 Mitarbeiter tätig sein. Eine jährliche Förderung von 170 Millionen Euro steht dann an. Bis dahin ist es noch ein gutes Stück Weg.

Noch ist das DZA abhängig, das heißt, nicht selbstständig. Die TU Dresden, deren Verwaltung, managt den Aufbau. Bis eigene Fachleute in der DZA-Verwaltung eingestellt sind. „Wir sind überzeugt, die Astrophysik kann den Strukturwandel nachhaltig gestalten“, begrüßte Dresdens TU-Rektorin Ursula M. Staudinger die Gäste. Institutsdirektoren aus der Mikroelektronik, der Optik, von den Materialwissenschaften vom Super-Computing waren dort dabei.

Man sieht ein Untertagelabor,
Das geplante Untertagelabor Low Seismic Lab im Granit der Lausitz.
© DZA

Nicht nur die Sterne sind es, was Wirtschaftsleistung schafft, es werden die dafür nötigen, noch nicht erfundenen Technologien sein, erklärt DZA-Gründungsdirektor Günther Hasinger. In dem Dreieck zwischen Görlitz, Hoyerswerda und Bautzen werden nicht nur die Institutsgebäude entstehen, sondern auch ein weltweit einzigartiges Untertagelabor. Im festen Granit der Lausitz, erschütterungsfrei. Nur so können Gravitationswellen gemessen werden. Nur so könnten künftige, noch kleinere Chips hergestellt werden.

Vor seiner Ansiedlung in Dresden habe sich der Taiwanesische Chipkonzern TSMC für seine künftigen Technologien sehr interessiert gezeigt, was da im Untergrund der Lausitz möglich werden sollte, berichtet die Rektorin. Auch Hasinger ist sich sicher, diesen Platz wird Sachsens Chipindustrie schätzen lernen.

Und dann geht es noch um gigantische Datenmengen aus aller Welt. Mehr als heute im gesamten Internet fließen. Diese verarbeiten zu können ist nicht nur für Sterne wichtig, sondern die Grundlage der künftige Datenverarbeitung, sagt Günther Hasinger. Die Lausitz ist vorn dabei. Und so soll es nun weitergehen. „Wir haben einen langen Zeitplan, der reicht bis 2038“, sagt Günther Hasinger der SZ. „Anfang des Jahres ziehen wir in Görlitz in das Postgebäude ein.“ In der obersten Etage brennt schon Licht, die ist bereits umgebaut. Insgesamt werden hier 100 Arbeitsplätze entstehen.

Die Labors indes werden bis Fertigstellung der eigenen Institutsgebäude erst einmal bei Alstom aufgebaut. Detektoren, Optik- und Elektroniklabor finden dort bereits 2024 erst einmal ihren Platz. „Wir sind auch dort kurz vor dem Einzug. Die Forschung kann beginnen.“ Fünf, sechs Jahre wird dort vorübergehend geforscht. Der Freistaat verhandelt derzeit über den endgültigen Standort. Hasinger und sein Team favorisieren nach wie vor das Kahlbaum-Areal, eine parkähnliche Fläche in Görlitz ganz nah bei der Hochschule.

Und wann wird das DZA erwachsen? Wann wird es eine eigne Institution? „Die Gründung als gemeinnützige GmbH ist für 2025 vorgesehen“, sagt Hasinger. „Wir sind aber sportlich dabei und wollen, wenn möglich die Gründung noch etwas vorziehen.“

Man sieht eine Abbildung des deutschen Zentrums für Astrophysik
Deutsches Zentrum für Astrophysik plant in Görlitz dieses Institutszentrum im Kahlbaumareal.
© NIKHEF

Dresden leistet Support mit Personal noch ganz anderer Art: Hier beginnt 2026 der neue Masterstudiengang Astrophysik. Eigentlich schon Ende 2025 vorgesehen, dauert es dann doch etwas länger alle dafür nötigen Voraussetzungen zu schaffen, die Top-Professoren zu finden. Im Untergrund geht es auch voran. Dort soll ja das Low Seismic Lab entstehen. Ein Labor, groß wie eine Bahnhofshalle tief im Granit. Noch im Dezember und Anfang Januar werden in der ganzen Region auch weiträumig um Ralbitz-Rosenthal Seismometer ausgelegt, die die ganze Fläche analysieren. Wo die Erde letztlich am ruhigsten ist.

„Im Laufe des Jahres wollen wir dann noch einmal drei Bohrlöcher identifizieren.“ Auch Echofahrzeuge werden über das Terrain geschickt, die dann an den Schallwellen die dreidimensionale Struktur des Granits erkennen. Die Bergakademie Freiberg ist daran beteiligt und auch das Geoforschungszentrum in Potsdam. „Die Prospektion wird dieses Jahr gemacht“, kündigt Günther Hasinger an. „Die Bauplanung wird 2025 stattfinden. Und wenn wir dann gegründet sind, können wir mit dem Bau beginnen.“

Das könnte Sie auch interessieren: