Georg Moeritz
Dresden. Der Ausbau der erneuerbaren Energien in Sachsen hat nach Angaben von Umwelt- und Energieminister Wolfram Günther (Grüne) deutlich Fahrt aufgenommen. Günther verwies am Mittwoch in Dresden auf Zahlen aus dem Bund-Länder-Bericht 2024, den die Energieminister der Länder herausgeben. Demnach sind im ersten Halbjahr in Sachsen 16 Windkraft-Anlagen genehmigt worden, und für 139 Anlagen laufen Genehmigungsverfahren. Zum Interesse beigetragen habe die sächsische Flexibilisierungsklausel: Sie gibt Gemeinden das Recht, dem Bau von Windkraftanlagen zuzustimmen, auch wenn sie weniger als die eigentlich vorgeschriebenen 1.000 Meter von Wohnhäusern entfernt sind.
Die Bauvorhaben könnten Sachsen eine zusätzliche Stromleistung von zusammen 965 Megawatt bringen, wenn alle 155 beantragten Windkraftanlagen genehmigt werden. Zum Vergleich: der jüngste Braunkohlekraftwerksblock in Boxberg, der 2012 in Betrieb ging und spätestens 2038 stillgelegt werden soll, leistet 675 Megawatt – allerdings bei jeder Witterung, während Wind und Sonne nicht ständig zur Verfügung stehen.
Im ersten Halbjahr mehr neue Solaranlagen als im ganzen vorigen Jahr
Die Solarflächen in Sachsen wachsen derzeit rasch, obwohl die sächsischen Hersteller ihre Produktion unter dem Druck der chinesischen Konkurrenz heruntergefahren haben. Im ersten Halbjahr wurden Solaranlagen mit 727 Megawatt maximaler Leistung in Betrieb genommen. Diese Zahl für das halbe Jahr war höher als für das ganze vorige Jahr: Damals gingen 650 Megawatt Solarleistung neu ans Stromnetz. Günther rechnet wegen Zahlen aus Ausschreibungen damit, dass „eine weitere Dynamisierung des Ausbaus“ bevorsteht. In den Jahren 2023 und 2024 seien bei Ausschreibungen Zuschläge für mehr als 1.300 Megawatt erteilt worden, davon 480 Megawatt in geplanten Freiflächenanlagen in benachteiligten Gebieten.
Sachsen kam laut Günther im ersten Halbjahr auf den Spitzenplatz unter den deutschen Flächenländern, wenn es um den „flächenbezogenen Zubau“ von erneuerbaren Energien geht. Der Minister sagte, Sachsen habe in den vergangenen Jahren „die Bremsen für den Ausbau gelöst und von Verhindern auf Ermöglichen umgesteuert“. Für die kommenden fünf Jahre sei deshalb mit einem deutlichen Zuwachs bei Strom aus Wind und Sonne zu rechnen. Das sei auch dringend nötig, da die sächsische Industrie grünen Strom brauche. Sachsen hat allerdings die Ziele für den Ökostrom-Ausbau aus dem Koalitionsvertrag von CDU, Grünen und SPD nicht erreicht. Für die kommende Legislaturperiode verhandelt die sächsische CDU nicht mit den Grünen über eine mögliche Koalition, sondern mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht und der SPD.
Zittauer Forschung mit Wasser-Eis-Gemisch für Wärmepumpen
Als Beitrag zur Energiewende übergab Minister Günther am Mittwoch in Zittau einen Förderbescheid für ein Forschungsvorhaben mit Wasser-Eisgemisch für Wärmepumpen. Mit dem Projekt Aqva Heat III sollen sächsische Gewässer als Energiequellen erschlossen werden. Die großen Wasserflächen der ehemaligen Braunkohlentagebaue ermöglichen laut Günther „riesige Potenziale“ für Aquathermie. Das Forschungsprojekt will Risiken für die Umwelt vermeiden, indem Wärmepumpen ein pumpfähiges Wasser-Eis-Gemisch anstelle von Kältemitteln auf Basis von Fluor nutzen.
Thomas Gubsch, Forschungsmitarbeiter an der Hochschule Zittau/Görlitz, sprach von einer „bisher kaum beachteten, aber umweltfreundlichen und ganzjährig nutzbaren Wärmequelle“. Mit dem Fördergeld könne die Technologie an ausgewählten Gewässern erprobt werden. 3,7 Millionen Euro stehen für den nun geförderten dritten Projektabschnitt bis Februar 2027 zur Verfügung, aus dem Förderprogramm Energie und Klima des sächsischen Energieministeriums. Projektpartner sind außer der Hochschule die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG, die unter anderem in Zittau arbeitet, und das Dresdner ILK Institut für Luft- und Kältetechnik. Günther sagte, das Zittauer Forschungsprojekt bringe die Energiewende voran.