Eine Schiffsladung Rinder kommt aus Kroatien im Libanon an. Ein verletztes Tier wird mit dem Kran an einem Bein auf einen Lastwagen gezogen. Szenen wie diese aus einem Bericht des ZDF vom Dezember 2018 haben die alte Debatte um Tiertransporte wieder angefeuert. Schon lange ist bekannt, dass gerade bei den teilweise mehrere Tage dauernden Transporten in Staaten außerhalb der EU immer wieder gegen Tierschutzrecht verstoßen wird.
Rinder, Schweine und andere Tiere müssen dabei oft lange in Fahrzeugen an den Grenzen warten, bekommen bei großer Hitze nicht genug Flüssigkeit oder verletzen sich auf der Fahrt. Als Reaktion darauf haben bereits mehrere Bundesländer ihre Regeln für Transporte in sogenannte Drittstaaten verschärft oder sie planen es.
Auch Sachsen fordert jetzt ein bundesweit einheitliches Vorgehen der Tiergesundheitsbehörden. Das teilte das zuständige Ministerium für Soziales und Verbraucherschutz auf Anfrage der Sächsischen Zeitung mit. Bei einem kommende Woche anstehenden Treffen zwischen Bund und Ländern werde man darauf drängen, sagte Ministeriumssprecher Jörg Förster.
Das Problem ist laut Deutschem Tierschutzbund, dass zuständige Amtstierärzte bei diesen Transporten nicht kontrollieren können, ob die gesetzlichen Bestimmungen auch nach Verlassen der EU eingehalten werden. In manchen Zielländern würden außerdem tierschutzwidrige Schlachtmethoden angewandt. Wenn die Ärzte Transporte trotzdem genehmigten, würden sie riskieren, wegen Beihilfe zur Tierquälerei angeklagt zu werden, so die Organisation.
Mehrere Bundesländer fordern deswegen ein bundesweit einheitliches Vorgehen, dass den zuständigen Behörden Rechtssicherheit geben soll. Als erstes Land hat Schleswig-Holstein im Februar einen vorläufigen Exportstopp in 14 Länder verkündet, darunter die Türkei, Algerien, Ägypten, Syrien und Usbekistan. Er läuft diesen Sonntag allerdings aus. Hessen hat Exporte in bestimmte Länder ebenfalls ausgesetzt, das Verbot gilt laut Hessischem Rundfunk jedoch nur für solche Tiere, die ohne Umladen in die betroffenen Staaten gebracht werden. Mitte März gab dann das bayerische Umweltministerium eine Liste mit 17 Ländern bekannt. In diese soll es aus Bayern nur noch dann Tiertransporte geben, wenn nachgewiesen wird, dass die europäischen Vorgaben auf der ganzen Route eingehalten werden. In Thüringen soll ab Montag ein Exportstopp gelten.
Anfang März hatten außerdem die Fachminister aus sechs Bundesländern in einem Brief an Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) ein einheitliches Vorgehen und schärfere Regeln für Lieferungen in Nicht-EU-Staaten gefordert. Sachsen war nicht dabei. Klöckner warf den Ländern vor, den Druck, unter dem sie jetzt stünden, mit überstürztem Handeln selbst verursacht zu haben. Besser wäre gewesen, „erst eine rechtliche Klärung herbeizuführen und dann entsprechend behördlich zu agieren und nicht umgekehrt“.
Das sächsische Verbraucherschutzministerium hat in Reaktion auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2015 bereits im Januar 2018 einen Erlass angeordnet. Demnach müssen für Tiertransporte in Drittländer die europäischen Schutzstandards über die EU-Grenzen hinaus gelten. Die ersten Erfahrungen damit seien positiv, so Sprecher Förster.
Im vergangenen Sommer hätten beispielsweise Unternehmen Transporte aufgrund hoher Temperaturen gar nicht erst auf den Weg gebracht, weil sie gewusst hätten, dass eine Abfertigung nicht erfolgen würde. Von den Tiertransporten aus Sachsen gehen laut Ministerium weniger als ein Fünftel in Drittländer, meistens handelt es sich um Rinder.
7 920 von ihnen wurden 2018 in Länder außerhalb der EU exportiert, hauptsächlich nach Russland, Kasachstan und in die Türkei. 2017 waren es sogar mehr als 9 000 Rinder, neben Russland importierten die Ukraine und Algerien die meisten.
Zahlen zu Verstößen bei Transportkontrollen liegen für das vergangene Jahr noch nicht vor. 2017 haben Kontrolleure laut Ministerium zwischen 20 und 30 Verstöße beim Transport von Rindern in EU- und Drittstaaten festgestellt.
Von Okan Bellikli
Foto: © dpa