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So viel verdient ein Landwirt

Die Bauern protestieren gegen Kürzungen von Subventionen. Aber wie sehen ihre Einnahmen und Ausgaben eigentlich aus? Ein Landwirt aus der Nähe von Bischofswerda rechnet es vor.

Lesedauer: 4 Minuten

Man sieht einen Bauern mit Kühen im Hintergrund.
Landwirt Patrick Rückert von der Großdrebnitzer Agrarbetriebsgesellschaft gibt einen Einblick in seine Ausgaben und Einnahmen und erklärt, warum er auf Subventionen nicht verzichten kann. © Steffen Unger

Von Carlotta Böttcher

Bischofswerda. Die Sonne schiebt sich über die Hügel hinter Großdrebnitz, auf dem Feld liegt Raureif. In regelmäßigen Abständen fahren Traktoren aus dem Hof. Patrick Rückert sitzt in seinem Büro. Der Landwirt ist 32 Jahre alt, kommt gebürtig aus Mecklenburg-Vorpommern und ist seit drei Jahren Geschäftsführer der Großdrebnitzer Agrarbetriebsgesellschaft. Am Mittwoch war er bei den Bauernprotesten in Dresden. Kommende Woche will er nach Berlin fahren. Patrick Rückert geht es nicht nur um Agrardiesel und Fahrzeugsteuer: „Das sind nur zwei Tropfen, die das Fass zum Überlaufen gebracht haben.“

Rückert hat sich bereit erklärt, mit Sächsische.de über seine Finanzen zu sprechen. Vorab ist es ihm wichtig zu betonen, dass er nur für seinen Betrieb sprechen kann. Die Agrarbetriebe seien so verschieden, dass man sie kaum vergleichen könne: Manche bauen auf Hunderten Hektar Getreide an, andere halten vor allem Milchkühe, wieder andere haben gerade einmal zwei Mitarbeiter.

Die sächsische Landwirtschaft hat im Jahr 2022 einen Umsatz von 7,6 Milliarden Euro erzielt – ein Anstieg um 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Infolge der Preissteigerungen bei Lebensmitteln hatte die deutsche Landwirtschaft „zwei sehr erfolgreiche Wirtschaftsjahre“, schreibt der Direktor des Agrar-Instituts IAMO in Halle, Professor Alfons Balman. Der Milchpreis stieg auf einen Rekord von 60 Cent pro Liter, der Weizenpreis auf bis zu 400 Euro je Tonne. Inzwischen seien die Preise wieder rückläufig, die Kosten blieben jedoch weiterhin hoch, so Landwirt Patrick Rückert.

Rückerts Betrieb in Großdrebnitz ist breit aufgestellt. Auf 3.300 Hektar Land bauen 100 Beschäftigte Getreide, Ackerbohnen und Dinkel an. Außerdem halten sie 1.300 Milchkühe, 1.000 Jungrinder und 220 Rinder für die Fleischzucht. Dazu kommen eine eigene Biogasanlage und Silos, in denen Getreide von den eigenen Feldern sowie von anderen Bauern aus dem Umkreis gelagert wird.

Der Großdrebnitzer Betrieb hat sich der ökologischen Landwirtschaft verschrieben und ist Mitglied im Bioverband. Deutschlandweit zählt er zu den größten Bio-Betrieben, in Ostsachsen ist er der größte. Milch und Fleisch muss Rückert allerdings außerhalb Sachsens verkaufen, weil es hierzulande keine Abnehmer für die Bio-Produkte gibt.

Die Ausgaben: Kosten für Personal, Pacht und Fuhrpark

Die höchsten Kosten fallen für das Personal an, sagt Rückert, und der Kostendruck werde immer größer. Er bezahle seinen Angestellten Jahresgehälter zwischen 25.000 und 40.000 Euro, je nach Erfahrung und Kompetenz. „Dazu kommt, dass es immer schwieriger wird, Personal zu finden“, sagt Rückert. Seine Mitarbeiter arbeiten offiziell 40 Stunden die Woche, während der Erntezeit liegen sie jedoch deutlich darüber.

Der nächstgrößere Ausgabenblock sei die Pacht: Im Schnitt pachten sächsische Landwirte 60 bis 80 Prozent ihrer Flächen, der Rest gehört ihnen. Die Pacht für einen Hektar Ackerland kostet zwischen 200 und 350 Euro im Jahr. Wie genau die Verteilung in Rückerts Betrieb aussieht, will er öffentlich nicht sagen. Ungefähr entsprechen die Zahlen jedoch dem Durchschnitt.

Die dritte große Säule der Ausgaben fällt für den Fuhrpark an. In Rückerts Betrieb gibt es drei Mähdrescher, über 30 Traktoren und vier weitere landwirtschaftlich genutzte Maschinen. Sie müssen repariert, versichert, abgeschrieben und mit Diesel betankt werden. Der Landwirt rechnet im Schnitt mit 100 bis 160 Liter Diesel, die er braucht, um ein Hektar Land im Jahr zu bewirtschaften. In Summe fielen jährlich 900.000 bis 1,3 Millionen Euro Kosten für die Maschinen in seinem Betrieb an.

Die viel diskutierte „Subvention“ auf den Agrardiesel sei keine Beihilfe, sondern eine Rückerstattung auf einen Teil der Dieselsteuer, so Rückert. „Wir kriegen von den circa 47 Cent Dieselsteuer pro Liter rund 21 Cent zurück. Das hilft uns, überhaupt noch in ruhigere Gewässer zu kommen.“ Mitte Dezember hatte die Bundesregierung angekündigt, die Rückerstattung abzuschaffen. Inzwischen ist die Regierung von dem Plan wieder abgerückt, stattdessen soll die Kürzung nun schrittweise kommen: 40 Prozent weniger Vergünstigung bis Ende 2024 und weitere 60 Prozent bis Ende 2026.

„Das Geld so abrupt zu kürzen und uns Landwirten vorzuwerfen, das sei eine klimaschädliche Subvention: Für mich ist das Greenwashing der gesamten Bevölkerung“, sagt Rückert. Ohne solche Zuschüsse werde die regionale Landwirtschaft nicht mehr funktionieren, stattdessen müssten immer mehr Lebensmittel aus dem Ausland importiert werden – per Schiff, Schiene oder Lkw.

Die Einnahmen: Erlöse für Milch, Getreide, Strom und Agrarförderungen

Neben der Dieselvergünstigung und der Befreiung von der Kfz-Steuer erhält jeder Landwirt in Deutschland weitere Fördergelder von den Ländern und der EU. In Sachsen bekommt ein Bauer für jeden Hektar Land eine jährliche Direktzahlung von etwa 240 Euro. Da Rückert bestimmte Maßnahmen für mehr Klima- und Umweltschutz einhält, bekommt sein Betrieb zusätzliche Fördergelder.

Dazu kommt eine Prämie für den ökologischen Landbau. „Die brauchen wir, damit wir mit der Öko-Landwirtschaft überhaupt wettbewerbsfähig bleiben“, sagt Rückert. In Summe belaufen sich die Fördergelder an den Großdrebnitzer Agrarbetrieb auf rund 1,3 Millionen Euro im Jahr. Laut Rückert machen diese Agrarzahlungen circa 15 Prozent des gesamten Umsatzes aus.

Neben den Fördergeldern erwirtschafte er die meisten Einnahmen über den Verkauf der Milch, immerhin rund 9 Millionen Liter im Jahr. Die zweite, große Einnahmequelle sei die Biogasanlage. Der Strom, der dort produziert wird, wird vollständig ins Netz eingespeist. Darauf folge der Erlös aus dem Getreideverkauf.

Was am Ende als Gewinn übrig bleibt

Unter dem Strich beziffert der Landwirt seinen Gewinn so: Im Jahr 2021 blieben pro Hektar noch 250 Euro übrig. Das bezieht sich nicht nur auf die Einnahmen aus dem Ackerbau, sondern dazu zählen auch die Erlöse aus Milch, Fleisch und Strom. 2022 seien es nur noch 50 Euro pro Hektar gewesen. 2023 liege er im Minus. Genau könne er den Verlust noch nicht beziffern, er schätzt ihn auf 300 bis 500 Euro pro Hektar.

Einen wesentlichen Grund für das Minus sieht Rückert in der fehlenden Agrarzahlung durch den Freistaat. Aufgrund technischer Probleme kündigte Sachsens Landwirtschaftsminister Wolfram Günther (Grüne) Ende Oktober an, die Überweisung der jährlichen Subventionen verzögere sich und gelinge nicht mehr 2023. Auch wenn die Zahlung noch erfolgt, das vergangene Wirtschaftsjahr ist abgeschlossen, sagt Rückert. „Wir hätten knapp die Schwarze Null geschafft. Durch die ausgebliebenen Agrarzahlungen sind wir tief im Minus.“

Rückert sagt, an seinen Zahlen sehe man, dass die Rücklagen aus zwei Jahren, in denen gut gewirtschaftet wurde, in einem Jahr aufgezehrt werden können. „Die Landwirtschaft funktioniert nicht wie die Industrie. Wir ernten einmal im Jahr und müssen Investitionen mehrere Jahre vorausplanen. Das macht die Landwirtschaft so träge und abhängig“, sagt Rückert.

Abschließend betont Rückert noch einmal: „Ob groß, ob klein, ob Familienbetrieb oder größeres Unternehmen: Kein Landwirt möchte von Subventionen abhängig sein. Wir werden nicht reich davon. Wir halten damit lediglich unseren Laden am Laufen.“

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