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Uhren, die es so nie wieder geben wird

Zum Firmenjubiläum verbaut Mühle ein einmaliges Detail – nicht die einzige Glashütte-Premiere auf der Baselworld.

Lesedauer: 3 Minuten

Hoch konzentriert sitzt Nicole Liebeck am Uhrmachertisch und schraubt den Rotor aufs Uhrwerk. Dieses vergleichsweise große Teil wird sich später bei einer Handdrehung bewegen und mit seiner Schwungmasse Energie auf die Zugfeder übertragen, die so aufgespannt wird.

Nicole Liebeck hat schon viele Rotoren aufmontiert. Seit ihrer Lehre arbeitet die gebürtige Dippoldiswalderin, die inzwischen in Hähnichen bei Bannewitz wohnt, bei der Uhrenfirma Mühle Glashütte. Hier hat sie auch ihren Meister gemacht. Vor fünf Jahren stieg die heute 40-Jährige zur Leiterin der Produktion auf. Zusammen mit Konstrukteuren und dem Messeteam hat sie an einem neuen Bauteil für die Mühlschen Uhren getüftelt. „Das ist unser Jubiläumsrotor“, sagt sie. Und der ist etwas Besonderes.

Ein Teil besteht aus Aluminium. „Dieses Leichtmetall kommt bei Rotoren sehr selten zum Einsatz“, erklärt Nicole Liebeck. Zu groß ist offenbar die Gefahr, dass es sich verformen könnte. Deshalb hat ihre Firma den Rotor Schüttel-, Stoß- und Schlagtests unterzogen. Der Aluminium-Rotor habe diese bestanden, erklärt die Uhrmacherin. Deshalb konnte dieser auch in die Serienproduktion gehen.

Ihre blaue Farbe erhalten die Rotoren durch das sogenannte Eloxieren. Bei diesem Verfahren bekommt das Metall eine härtere und korrosionsbeständige Oxidschicht, die sich blau färbt. Doch nicht nur durch diese Farbe hebt sich der Rotor deutlich vom restlichen Uhrwerk ab, sondern auch durch seine Inschriften. Mit diesen weist das familiengeführte Unternehmen auf die beiden Jubiläen hin, die in diesem Jahr gefeiert werden. Denn vor 150 Jahren gründete der Unternehmer Robert Mühle ein Unternehmen, das hochpräzise Messinstrumente für die Uhrenindustrie herstellte. Danach gab es Auf und Abs. Vor 25 Jahren wagte dann Roberts Urenkel Hans-Jürgen Mühle den Neuanfang mit einer Firma, die zunächst Schiffsuhren und später auch Armbanduhren herstellte.

Beide Jubiläen werden in diesem Jahr gefeiert. Jede Uhr, die die Uhrenfirma in diesem Jahr produzieren wird, verlässt die Manufaktur mit diesem Rotor.

Nicole Liebeck hofft, dass alle Uhren mit dem blauen Jubiläumsrotor schnell ihre Liebhaber finden. Ob dieser Wunsch aufgeht, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Denn Mühle präsentiert den Rotor mit vier neuen Uhrenmodellen auf der weltgrößten Uhrenmesse, der Baselworld.

Deren Ruf als Branchentreff hat im letzten Jahr gelitten, nachdem der Konzern Swatch Group, bis dahin der größte Aussteller, die hohe Kosten und den schlechten Service beklagte und den Rückzug einleitete. 2019 ist der Konzern, zu dem auch die Glashütter Firmen Glashütte Original und Union gehören, erstmals nicht dabei. Viele andere Firmen folgten. Von einst 1 500 Ausstellern werden diesmal dem Vernehmen nach nur noch 500 dabei sein.

Auch Glashütter Uhrenfirmen kamen ins Grübeln, ob sie an dieser Messe noch teilnehmen sollten. Grossmann Uhren und das Uhrenatelier Bruno Söhnle folgten dem Vorbild der Swatch Group.

Die Uhrenfirmen Tutima und Nomos Glashütte bleiben der Messe treu. „Wir waren zwar hin- und hergerissen, haben uns aber dazu entschieden, doch teilzunehmen“, sagt Nomos-Sprecherin Patricia Hellmuth. In Basel treffe man die wichtigsten Fachhändler und Journalisten aus aller Welt. „Mehr als 700 Termine am Stand rechtfertigen den Aufwand“, so Hellmuth

Auch bei Mühle überlegte man, ob die Messe noch zeitgemäß ist, räumt Unternehmenssprecher Holger Hillenbrand ein. Zu einer eindeutigen Meinung kam man nach Rücksprache mit den Juwelieren, die Mühle-Uhren verkaufen. Die wollten auf die Messe nicht verzichten, sagt Hillenbrand. Schließlich können sie sich sehr kompakt innerhalb weniger Tage über die Neuheiten auf dem Markt informieren. Das war schließlich das Argument, dass zu der Entscheidung pro Basel führte. Schließlich verkauft Mühle seine Uhren deutschlandweit an über 200 Juweliere, außerhalb des Bundesgebietes sind es rund 100 weitere, sagt Hillenbrand. Viele von denen werde man nun in Basel treffen. Die Firma reist mit einem fünfköpfigen Messeteam dorthin, darunter sind zwei Außendienstmitarbeiter und Geschäftsführer Thilo Mühle.

Auch Nicole Liebeck wird nach längerer Pause wieder an der Messe teilnehmen, allerdings nicht als Standbetreuerin, sondern als fast ganz normale Besucherin. Die Uhrmachermeisterin will sich über neue Trends in der Branche informieren und auch bei den Werkzeugmachern vorbeischauen, die ebenfalls in Basel ausstellen. Vielleicht, so hofft sie, bekommt sie eine neue Inspiration für künftige Uhren.

 

Von Maik Brückner  

Foto: © Egbert Kamprath
 

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