Die Dresdener Friseurmeisterin Madlen Wenerski lässt ihr Team künftig deutlich weniger für das gleiche Geld arbeiten und erklärt, wie sich das rechnet.
Von Nadja Laske
Die besonderen Maßnahmen unter besonderen Umständen sind in der aktuellen Lage rund um Energiekrise und Personalmangel viel bemüht. Politik, Wirtschaft und jeder Einzelne müssen reagieren. Unternehmerin Madlen Wenerski tut das mit einem mutigen Schritt: Künftig arbeitet ihr Team nur noch vier Tage die Woche – bei voller Bezahlung.
Frau Wenerski, welchen besonderen Umständen sind Sie als Chefin Ihres eigenen Salons momentan ausgesetzt?
Für mich ist ein ganz besonderer Umstand, dass ich ein so verlässliches, professionelles und freundliches Team an meiner Seite habe, dass ich darüber nur glücklich sein kann. In kaum einer Branche gibt es so viel Fluktuation wie im Friseurgewerbe. Mitarbeiter wechseln von Salon zu Salon, machen sich selbstständig, ziehen Kollegen und Kunden mit. Außerdem mangelt es am Nachwuchs. Da muss man sich etwas einfallen lassen.
Beim Thema Friseur denkt man zuerst an den Wasserverbrauch. Wie schlagen sich die Preise dafür und für Strom und Heizung auf Ihren Betrieb nieder?
Auch die Wasserpreise steigen. Da ich aber erst vor einem Jahr mit meinem Salon in neue Räumlichkeiten gezogen bin, wo die Warmwasseraufbereitung anders funktioniert, kann ich noch nicht sagen, wie sich das auswirken wird. Für den Strom habe ich mit meinem Anbieter einen längerfristigen Vertrag mit guten Konditionen abgeschlossen. Doch er signalisiert bereits, dass dieser Preis darüber hinaus nicht zu halten sein wird. Ich sehe diesbezüglich nicht mit Panik, aber doch mit Vorsicht in die Zukunft.
Vorsicht war auch geboten, als Sie sich als 24-Jährige selbstständig gemacht haben – mit recht großem Salon und Kredit. Wie fühlte sich das an?
Ich hatte etliche schlaflose Nächte mit der Frage, ob das nicht ein zu hohes Risiko ist. Aber ich wollte es unbedingt und mein Mann Rigo und ich haben schließlich doch eine Bank davon überzeugt, uns das nötige Geld zu geben. Wir waren ja nun nicht die Ersten und Einzigen in der Stadt, die einen Friseursalon gründen wollten. Rigo hat BWL studiert und die Zahlen bis heute im Blick. Das ist wichtig. Tja, und so sind wir mit drei angestellten Friseurinnen 1999 gestartet.
Welche schwierigen Zeiten und Tiefpunkte haben Sie seitdem mit Ihrem Geschäft erlebt?
Da fällt mir sofort das Hochwasser 2002 ein. Ich hatte meinen Salon gegenüber dem Haus der Presse. Es gab uns gerade drei Jahre und wir hatten uns mit Shootings, Wettbewerben, Veranstaltungen und natürlich guter Arbeit einen Namen gemacht. Sogar auf der Fashion Week war ich mit meinem Team engagiert. Dann kam das Wasser, von dem ich noch kurz zuvor dachte: Niemals reicht die Elbe bis zu uns. Als aber die Weißeritz um die Ecke schoss, waren wir schlauer und unseren Salon für eine ganze Weile los.
Wie haben Sie die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007erlebt?
Ich hielt sie für zu weit weg, als dass sie mich tangieren könnte, und war der Meinung, dass meine Kunden so gut aufgestellt sind, dass sie nicht betroffen sein würden. Aber zeitverzögert habe ich die Auswirkungen doch zu spüren bekommen. Kunden kamen seltener oder gar nicht mehr zu mir. Sie lernten, mit einem größeren Haaransatz zu leben oder suchten sich preiswertere Alternativen.
Was spüren Sie von der aktuellen wirtschaftlichen Verunsicherung der Dresdner?
Noch nicht allzu viel, doch ich sehe der Zukunft mit Herzklopfen entgegen. Hier bahnen sich besondere Umstände an.
Auf die Sie mit einer erstaunlichen Maßnahme antworten.
Richtig. Seit November habe ich meinen Salon nur noch vier Tage die Woche geöffnet, von Dienstag bis Freitag, jeweils 9 bis 21 Uhr. Montags bleibt er geschlossen. Doch meine 15 Friseurinnen bekommen das gleiche Gehalt wie für eine normale 40-Tage-Woche. Dazu muss ich sagen, dass ein Teil meiner Mitarbeiterinnen schon vorher um einen Tag verkürzt gearbeitet hat. Sie hatten mittwochs ihren freien Tag. Nun bleiben sie wie alle anderen montags zu Hause. Ihr Gehalt habe ich angehoben, damit auch sie von der neuen Regelung profitieren, während die Vollzeitkräfte nun also auch nur noch vier Tage im Dienst sind und so bezahlt bleiben wie bisher.
Sie müssen einen ganzen Tag ohne Umsatz ausgleichen. Wie lässt sich das finanzieren?
Ich leiste mir eine Rezeptionistin, die darauf achtet, dass die verbleibenden vier Arbeitstage so effektiv wie möglich ausgelastet sind. Von elektronischer Terminreservierung über entsprechende Portale halte ich nicht viel. Besser ist es, dass meine Kollegin unsere Kunden genau nach ihren Wünschen befragt und einschätzen kann, wie viel Zeit wir dafür brauchen. Sagt jemand einen Termin ab, ruft sie andere Kunden an, um ihnen anzubieten, früher zu uns zu kommen.
Das heißt, nach Möglichkeit arbeitet Ihr Team an vier Tagen für fünf?
Es soll nicht mehr, aber effektiver arbeiten, ohne unnütze Leerläufe. Wir haben allerdings auch die Preise angehoben, zumindest für die Herren. Die Damen sind bei uns bereits recht hochpreisig dabei. Dafür aber werden sie die ganze Zeit bei uns von einer Friseurin betreut. Früher war das anders.
Inwiefern?
Als es noch viel mehr Azubis gab als heute, hat eine Kollegin immer parallel zwei Kundinnen oder Kunden frisiert. Arbeiten wie Haare abspülen oder Farbe auftragen zum Beispiel übernahmen die Auszubildenden. Einerseits haben wir nur noch einen Azubi – nämlich meine Tochter Helene, worauf ich sehr stolz bin – andererseits ging da eben auch mal was schief. Nun sind ausschließlich Fachkräfte am Kunden, und das kostet natürlich auch mehr.
Dichtere Termine, höhere Preise – das genügt für einen Tagesumsatz?
Und wir sparen Heiz- und Stromkosten an den Montagen. Freitagabend senken wir das ganze System ab auf Minimalmodus. Dann ist der Salon drei Tage zu, und dienstags fahren wir alles rechtzeitig vor den ersten Kunden wieder hoch. Mit Zahlen kann ich das noch nicht belegen, aber wir sparen definitiv Kosten.
Welches Risiko besteht dennoch?
Ich bin guter Dinge. Früher hatten wir sogar sonnabends geöffnet, erst bis 20 Uhr, dann nur noch bis 16 Uhr. Das hat sich nicht gerechnet. Also wechselten wir von sechs auf fünf Tage – mit Erfolg. Die Hauptsache ist, dass wir unseren Kunden damals Alternativen zum Samstag anbieten konnten, mit Öffnungszeiten bis 22 Uhr, und ihnen nun von um neun bis um neun zwölf Stunden lang Termine an vier Tagen möglich machen. Wenn sich Dienstleister und Kunden etwas aufeinander zubewegen, klappt das. Es nützt ja niemandem etwas, wenn wir unrentabel arbeiten und eingehen. Wir müssen uns alle anpassen.
Was sagt Ihr Team zu der Arbeitszeitveränderung?
Fast alle haben Kinder. Da ist jeder froh, mehr Zeit für die Familie zu haben. Und auch das ist eine weitere Maßnahme: Vor Jahren hatten wir ein Heer von Azubis, heute fehlen sie überall und folglich auch die Fachkräfte. Ich will meine Mitarbeiter behalten und sorge dafür, dass sie auf Arbeit möglichst zufrieden sind. Dann geht es auch mir mit meiner Familie gut.