Von Steffen Gerhardt
Sich vom öffentlichen Stromnetz unabhängig machen und dabei noch ein paar Euro selbst verdienen, das ist mit einer eigenen Photovoltaikanlage (PVA) möglich. Beides will auch Familie Buchwald in Weigersdorf in der Gemeinde Hohendubrau und ließ sich eine solche Anlage auf ihr Dach setzen.
Das passierte bereits im vergangenen Jahr. „Seit Ostern versorgt uns die Anlage zuverlässig mit Strom“, lobt Thomas Buchwald die Arbeit einer Rietschener Fachfirma. 9,5 Kilowatt erzeugt die Anlage. Das ist mehr als ausreichend für den Fünf-Personen-Haushalt, da bleibt auch noch etwas Strom übrig, um ins öffentliche Netz abzugeben. Das erfolgt auch, seit die Anlage in Betrieb ist. „Aber bisher haben wir keinen Euro für das Einspeisen unserer Energie auf dem Konto“, sagt der Familienvater.
Nach seiner Berechnung sind das inzwischen 7,4 Megawatt, die die Familie dem Energieversorger SachsenEnergie „geschenkt“ hat. Seit 30. Juni vergangenen Jahres gilt eine neue Einspeisevergütung laut dem Gesetz für erneuerbare Energien. Für kleine Anlagen werden 8,6 Cent pro Kilowattstunde bezahlt. Buchwalds stehen damit 636,40 Euro zu.
Unterlagen sind verschwunden
Mit der Inbetriebnahme haben Buchwalds alle Unterlagen an SachsenNetze über das Görlitzer Büro eingereicht. SachsenNetze sind der Strom- und Gasnetzbetreiber in Dresden und Ostsachsen und Teil der SachsenEnergie-Unternehmensgruppe. „Im August habe ich nachgefragt, da wir bisher noch keinen Bescheid bekommen haben“, erzählt Thomas Buchwald.
Bei dem Telefonat musste der 40-Jährige erfahren, dass seine Papiere nicht vorliegen, obwohl er eine Empfangsbestätigung hatte. „Also habe ich alles noch einmal eingereicht und der Bearbeiter in Görlitz bestätigte mir Anfang September, dass er alles nach Dresden weitergegeben hat.“
Doch dann war wieder Ruhe, kein Brief vom Energieunternehmen. Auch nicht, als Thomas Buchwald zum Jahresende den Zählerstand nach Dresden gegeben hatte. Anrufe endeten ergebnislos in der Warteschleife der Zentrale und der Mitarbeiter in Görlitz fühlte sich nicht mehr zuständig.

Auch im ersten Halbjahr 2023 bewegte sich in Sachen Einspeisevergütung nichts. Thomas Buchwald denkt immer wieder an seine Schwester Katrin Marsch, die ebenfalls in Weigersdorf wohnt und das gleiche Problem im vergangenen Jahr hatte. Auch die Familie Marsch musste über Monate auf die Vergütung warten, aber bei Weitem nicht so lange wie Buchwalds. Inzwischen ist das über ein Jahr.
Verbrauchsdaten gehen nicht verloren
Die Nachfrage bei SachsenNetze auf Photovoltaik umzusteigen, ist weiterhin ungebrochen groß, so dass es noch immer zu Wartezeiten kommt, teilt das Energieunternehmen auf Nachfrage mit. Es versichert aber, dass „durch den Zählereinbau, im konkreten Fall im Mai 2022, alle für die Vergütung relevanten Daten erfasst werden und nicht verloren gehen“, so eine Unternehmenssprecherin.
Aber woran liegt es nun, dass PVA-Besitzer scheinbar immer länger auf ihre Vergütung warten müssen? SachsenNetze führt an, dass über 2.000 Anlagen zur Stromerzeugung im ersten Quartal dieses Jahres angemeldet wurden. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das eine Verdreifachung. „Das Team der SachsenNetze arbeitet mit Hochdruck daran, diesen Berg abzuarbeiten und ist dadurch schwer telefonisch und persönlich erreichbar“, heißt es aus der Pressestelle. Um den Berg von Anträgen zu bewältigen, sind neue Personalstellen zwar geschaffen, aber sie konnten noch nicht besetzt werden.
In einem Jahr fast 200 neue PV-Anlagen
Erschwerend kommt der bürokratische Aufwand durch gesetzliche Vorgaben und Richtlinien dazu. So sind die Anmeldeunterlagen zu prüfen und die Zertifizierungen des Wechselrichters, eine netztechnische Stellungnahme ist erforderlich, dazu der Zählereinbau sowie der systemseitige Aufbau der Anlage. Mitunter fehlen einzelne Unterlagen von den Kunden oder sie sind ganz verschwunden wie im Fall Buchwald.
Dass immer mehr Energie aus der Sonne gewonnen wird, zeigt die Entwicklung im Kreis Görlitz. 2021 zählte der Landkreis laut Statistik von SachsenNetze 3.157 PV-Anlagen. Sie haben rund 172 Megawattstunden ins öffentliche Netz abgegeben. Im vergangenen Jahr waren es bereits 3.345 PV-Anlagen mit einer Leistung von 210,5 MWh. Zum Vergleich: 2017 sind das erst 2.245 Anlagen gewesen, die 142,6 MWh Strom ins Netz lieferten.