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Wenn der Chef bei Krankheit an der Tür klingelt: Was Arbeitgeber dürfen – und was nicht

Laut einem Medienbericht sollen Tesla-Chefs kranke Beschäftigte besucht haben. Aber dürfen Arbeitgeber das? Ein Rechtsanwalt hat eine klare Antwort. Gewerkschaft und Linkspartei üben Kritik.

Lesedauer: 2 Minuten

Man sieht die Mitarbeiter der Tesla Gigafactory
Mitarbeiter der Tesla Gigafactory in Grünheide arbeiten an einer Fertigungslinie eines Elektrofahrzeuges vom Typ Model Y. Quelle: Patrick Pleul/dpa

Johanna Apel

Wer zu krank zum Arbeiten ist und sich das von einem Arzt bestätigen lässt, kann zu Hause bleiben – so sieht es das Arbeitsrecht vor. Was aber, wenn der Vorgesetzte plötzlich an der Tür klingelt, um beispielsweise zu prüfen, ob das mit der Krankmeldung auch wirklich stimmt? Bei Beschäftigten des Tesla-Werks im brandenburgischen Grünheide ist so etwas passiert, berichtet das „Handelsblatt“ und beruft sich dabei auf die Tonbandaufnahme einer Betriebsversammlung, die der Redaktion vorliege.

Der US-Autobauer hat in seiner Gigafactory vor den Toren Berlins mit einem hohen Krankenstand zu kämpfen. Laut der Wirtschaftszeitung habe er im August bei 17 Prozent und im September bei 11 Prozent gelegen. Personalchef Erik Demmler soll bei der Versammlung gesagt haben, dass das nicht akzeptabel sei. „Das heißt, wir mussten zu den Leuten fahren. Und das haben wir gemacht.“

Dürfen Arbeitgeber Kontrollbesuche machen?

Die Beschäftigten hätten teils aggressiv reagiert; die Tür zugeschlagen oder mit der Polizei gedroht. Schon länger brodelt es in dem 2022 eröffneten Werk wegen der vergleichsweise vielen Krankmeldungen bei den rund 12.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Aber dürfen Arbeitgeber ihnen deshalb einen Besuch abstatten?

Ja, dürfen sie, sagt Rechtsanwalt Arndt Kempgens. „Verboten ist das nicht“, erklärt der Jurist, der sich unter anderem auf Arbeitsrecht spezialisiert hat. „Der Arbeitgeber darf mit den betroffenen Erkrankten Kontakt aufnehmen – also anrufen oder auch vorbeigehen.“ Das könne auch als Fürsorgepflicht angesehen werden, sagt Kempgens.

Kempgens: Nicht nur bei Tesla kommt das vor

Tesla sei demnach kein Einzelfall; es komme regelmäßig vor, dass Arbeitgeber Kontrollen machen. „Teilweise werden sogar Detektive beauftragt, um festzustellen, ob man wirklich krank ist“, schildert Kempgens – und betont: Auch das sei zulässig. Denn hege ein Arbeitgeber den Verdacht, dass er bei einer Krankmeldung betrogen werde, stehe immerhin eine Straftat im Raum. Hineinlassen müssen Beschäftigte ihre Arbeitgeber – oder Arbeitgeberinnen allerdings nicht. „Und sie müssen auch nicht mit ihnen sprechen“, fügt der Gelsenkirchener Rechtsanwalt hinzu.

Kempgens schätzt solche Besuche allerdings als wenig sinnvoll ein. „Ich halte sie nicht für besonders zielführend.“ Schließlich könne man dadurch nur sehen, ob jemand zu Hause anwesend sei oder nicht. „Und selbst wenn jemand nicht angetroffen wird, heißt das ja noch lange nicht, dass die Person nicht krank ist“, so der Anwalt. Immerhin sei möglich, dass jemand einen Spaziergang mache oder die auch im Krankheitsfall erlaubten Einkäufe erledige. Bei manchen Krankheiten könne es auch gut tun, sich zu bewegen oder in der Sonne aufzuhalten.

„Krank“, aber Bilder vom Konzert hochladen? Keine gute Idee

Bestehen grundlegende Zweifel an einer Krankheit, haben Arbeitgeber noch eine andere Möglichkeit: Sie können die Entgeltfortzahlung streichen – auch wenn das dann wahrscheinlich zunächst vor Gericht landet, erklärt Kempgens. Solche Zweifel könnten etwa dann entstehen, wenn sich jemand krankmeldet, aber dann in den sozialen Netzwerken Fotos von einem Konzert hochlädt.

Tesla selbst gab auf RND-Anfrage zu den Besuchen keine Stellungnahme ab. Die IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen übte an der Aktion Kritik. Die Hausbesuche seien die „nächste abwegige Aktion“ gegen den überdurchschnittlichen Krankenstand in der Gigafactory, sagte Bezirksleiter Dirk Schulze.

Gewerkschaft und Linkspartei üben Kritik

Aus fast allen Bereichen des Werks würden Beschäftigte von extrem hoher Arbeitsbelastung berichten, kritisierte er. Und fehle jemand, würden die Kranken unter Druck gesetzt und die noch Gesunden zusätzlich überlastet. „Wenn die Werksleitung den Krankenstand wirklich senken will, sollte sie diesen Teufelskreis durchbrechen.“

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