Von Irmela Hennig
Das Unternehmen setzt auf Sonne, Wind, Wasserstoff und will mehr Energie speichern.
Die Erleichterung war groß zwischen Cottbus und Görlitz. Anfang 2019 verkündet der damalige Leag-Chef Helmar Rendez am Rande einer Betriebsversammlung: „Die Lausitz ist und bleibt Energieregion. Wir sind hier das Ankerunternehmen und wollen es weiter sein.“
Kurz zuvor hatte eine Kommission das Aus für die Kohleverstromung in Deutschland bis 2038 vorgeschlagen. Die Lausitzer Energie Bergbau und Lausitzer Energie Kraftwerke AG, kurz Leag, mit damals rund 8.000 Beschäftigten signalisierte, man werde sich neu aufstellen, andere Geschäftsfelder aufbauen und mitmischen im Markt der erneuerbaren Energien. Seitdem präsentiert das Unternehmen mit Sitz in Cottbus und noch 7.000 Mitarbeitern, das zum tschechischen Konzern EPH gehört, immer wieder neue Projekte, Beteiligungen, Zukäufe und Ideen. Vieles hat zu tun mit der Großaufgabe Energiewende. Der Energiebetrieb Leag steht derzeit nach eigenen Angaben für etwa zehn Prozent der Stromversorgung in Deutschland.
Der Strombedarf in Deutschland wird allerdings steigen. Die Leag baut daher die Geschäftsfelder um. Thorsten Kramer, Leag-Vorstandsvorsitzender, hatte im letzten Jahr den massiven Ausbau erneuerbarer Energiekapazitäten angekündigt. Die Leag will bis zum Jahr 2030 sieben Gigawatt an erneuerbaren Energien installieren. Bis 2040 soll sich diese Zahl noch mal verdoppeln auf dann insgesamt 14 Gigawatt, informiert eine Sprecherin. Letztes Jahr hatte das Unternehmen zunächst Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Euro angekündigt. Ein Großteil dieser Leag-Gigawatt-Factory soll ihren Platz in der Lausitz haben.
Sonnenkraft: Mehrere neue Anlagen in Sachsen
Auf dem Dach der Cottbuser Leag-Zentrale läuft bereits eine 140-Kilowatt-PV-Anlage. Sie versorgt das Gebäude mit Strom. Auch in Lübbenau, im sachsen-anhaltischen Zschornewitz und auf dem Flughafen von Welzow in Südbrandenburg laufen Leag-Solar-Anlagen oder Parks. Bis 2030 will die Leag im besten Fall eine Solar-Kapazität von in Höhe von fünf bis sechs Gigawatt Leistung errichten.
Neben einem Projekt auf dem Cottbuser Ostsee sind mehrere weitere Anlagen geplant. Sie werden bei Jänschwalde, in Böhlen bei Leipzig sowie am Standort des Kraftwerks Boxberg errichtet und sollen in den kommenden Jahren in Betrieb gehen.
Leuchtturm: Fotovoltaik auf dem Cottbuser Ostsee geplant
Auf dem künftigen Cottbuser Ostsee soll eine schwimmende Photovoltaikanlage, genannt Floating PV, mit einer Größe von 16 Hektar entstehen. Das ist etwas weniger als ein Prozent der Gewässeroberfläche. Die Anlage könnte jährlich 20.000 Megawattstunden Strom liefern, das reiche rechnerisch für 5.700 Haushalte. Für die Leag sei das ein Leuchtturmprojekt.
Wind: Ehemalige Tagebauflächen als Standorte
Auch Windkraft wird die Leag nutzen. Unter anderem wird eine rekultivierte Fläche des Tagebaus Jänschwalde bei Forst dafür vorbereitet. Dort sollen sich künftig insgesamt 17 Windräder drehen und 260.000 Megawattstunden Strom pro Jahr liefern. Rechnerisch reiche das für 74.000 Drei-Personen-Haushalte. Zu einem Windpark in Boxberg gibt es aktuell keine konkreten Planungen. Letztes Jahr hatte die Leag darüber informiert, dass bis 2030 Windkraft-Vorhaben mit einer Leistung von insgesamt 730 Megawatt realisiert sein könnten.
Speicher: Zweite große Batterie soll in Boxberg entstehen
Auf dem Gelände des Industrieparks Schwarze Pumpe läuft seit Dezember 2020 der erste Batterie-Großspeicher der Lausitz, die BigBattery. Kraftwerksstrom werde dort zwischengespeichert und bei Bedarf eingespeist. Das sei ein Beitrag zur Netzsicherheit. Zur Erweiterung des Batterieportfolios ist zudem die Errichtung einer BigBattery Oberlausitz am Kraftwerksstandort Boxberg geplant. Die Li-Ionen-Batterien mit einer Kapazität von in Summe 137 MWh sollen im Jahr 2024 in Betrieb genommen werden. Weitere Li-Ionen-Batteriekapazitäten oder andere elektrische Speicher wie Redox-Flow-Batterien sollen bis 2026 realisiert werden.
Verwertung: Strom und Wärme auch durch Müllverbrennung
Die Kraftwerke der Leag liefern nicht nur Strom, sondern auch Wärme. Damit werden derzeit noch neun Kommunen in Sachsen und Brandenburg zumindest teilweise versorgt. Fällt das weg, braucht es Alternativen. Da die letzten Blöcke vom Kraftwerk Jänschwalde, an dem die Cottbuser Wärmeversorgung hängt, ab 2025 beziehungsweise 2027 nur noch in Sicherheitsbereitschaft laufen, soll eine Energie- und Verwertungsanlage (EVA) in Jänschwalde die Lücke schließen helfen. Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt von Leag und Veolia. Dort sollen jährlich maximal 480.000 Tonnen Ersatzbrennstoffe, darunter Klärschlamm, Strom und Wärme liefern. Bis 2025 soll die Anlage fertig sein und 50 Mitarbeiter beschäftigen. Das Vorhaben wird teilweise als „Müllverbrennungsanlage“ kritisiert, die auch CO2 ausstoße.
Wasserstoff: Gaskraftwerke sollen umgestellt werden
An den Standorten Lippendorf, Schwarze Pumpe und Jänschwalde plant die Leag den Neubau von „H2-ready-Kraftwerken“. Damit sind Gaskraftwerke gemeint, die auf Wasserstoff umgestellt werden können. Das neu gegründete Hamburger Unternehmen HH2E AG soll der Leag beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft helfen. Auch ein Netz von Wasserstofftankstellen in der sächsischen und brandenburgischen Lausitz ist in Planung.
Virtuelle Kraftwerke: Leag als Betreiber und Vermarkter
Strom aus erneuerbaren Energien muss nicht nur erzeugt, sondern auch sinnvoll ins Netz gebracht, gegebenenfalls gespeichert und vermarktet werden. Dafür ist noch beim Leag-Vorgänger Vattenfall 2007 ein erstes virtuelles Kraftwerk entstanden. Die Leag baut diesen Bereich seit 2019 deutschlandweit unter dem Namen „Energy Cubes“ massiv aus und wird zum Dienstleister für andere Stromerzeuger und für Verbraucher.