Von Bettina Spiekert
Wilthen/Sohland. Das Daumendrücken bei den Mitarbeitern von Lakowa in Wilthen und am Standort in Sohland vor zwei Wochen hat sich gelohnt. Mit 0,04 Sekunden Vorsprung, umgerechnet zehn Zentimeter, gewann der Dresdner Tom Liebscher-Lucz am 8. August in Paris sein drittes Olympiagold mit dem deutschen Kajak-Vierer.
Auf diesen Erfolg ist man nun auch bei dem Kunststoffverarbeiter in der Oberlausitz stolz, denn seit drei Jahren unterstützt Lakowa den Weltklasse-Kanuten. Zustande gekommen ist die Zusammenarbeit durch die Namensgleichheit des Sportlers und der Gründerfamilie des Wilthener Familienunternehmens. Seitdem ist auf einem Paddel des Dresdners, das etwa bei Weltcup-Rennen zum Einsatz komme, der Schriftzug des Unternehmens zu sehen.
Familienunternehmen in vierter Generation
Was sein Sponsor Lakowa produziert, das hat sich der Spitzensportler schon vor Ort angesehen, sagt Geschäftsführerin Dagmar Liebscher. Gemeinsam mit Andreas Happel und Sven Mutschink führt sie seit Januar 2023 die Geschäfte des Mittelständlers. 2024 wurde das Lausitzer Traditionsunternehmen nun 111 Jahre alt und ist mit seinen Produkten inzwischen auf der ganzen Welt vertreten.
Angefangen hat der Betrieb 1913 als Rucksack- und Gamaschen-Fabrik. Ab 1934 spezialisierte sich das Unternehmen auf die Produktion von Koffern. An die Lausitzer Koffer- und Lederwaren erinnert nur noch der heutige Name. 1972 erfolgte die Verstaatlichung.
Seit 1992 befindet sich Lakowa wieder im Familieneigentum, inzwischen ist die vierte Generation am Zuge. Nach der Wende richtete sich der Betrieb neu aus und setzte fortan auf die Herstellung technischer Kunststoffteile. Inzwischen ist Lakowa Spezialist für die Innenausstattung von Schienenfahrzeugen und Innenverkleidungen für Kranken- und Rettungswagen. Zu den Kunden gehören die wichtigsten europäischen Schienenfahrzeughersteller wie Alstom, Stadler, Siemens, HeiterBlick.
16.000 Werzeugsätze lagern in den Lakowa-Hallen
Während für viele Schienenfahrzeuge das Design oft vorgegeben ist, kann Lakowa für die Innenausstattung bei den Ambulanzen viele Details in Zusammenarbeit mit dem Hersteller selbst entwickeln. Immerhin besteht allein eine Seitenwand aus bis zu 500 Einzelteilen. In der eigenen Konstruktionsabteilung werden alle für die Fertigung benötigten Werkzeuge selbst hergestellt.
Rund 16.000 Werkzeugsätze lagern inzwischen in langen Regalen, 30 Jahre müssen diese aufbewahrt werden. Denn damit können auch nach Jahren, so wie jetzt für eine Alstom-Tram in Dubai, verschlissene Teile nochmals nachproduziert werden. Die Teile entstehen aus Kunststoffplatten mittels des Vakuum-Tiefziehverfahrens.
Danach wird an computergesteuerten Maschinen überstehendes Material abgeschnitten und das Teil gefräst und gebohrt. An die Kunden liefert Lakowa montagefertige Baugruppen. Diese enthalten zum Beispiel Metallverstärkungen, Beleuchtungselemente, Kabel, die notwendigen Befestigungselemente und alles andere, was gewünscht wird.
Auch gepanzerte Fahrzeuge haben Kunststoff-Innenleben
Auf Nachhaltigkeit nicht nur im Umgang mit seinen Materialien setzt der Betrieb schon seit mehr als 20 Jahren. Denn jeglicher Plastikabfall wird sortiert gesammelt und in einer Maschine gemahlen. „Unsere Lieferanten schmelzen das Material dann auf und verarbeiten es wieder“, sagt Mutschink. Seit 2022 liefert außerdem eine Fotovoltaikanlage auf den Dächern in Sohland Strom aus Sonnenenergie, womit ein Teil des Energiebedarfs für die Produktion abgedeckt wird. In diesem Jahr wurde eine weitere Anlage in Wilthen installiert.
Der jährliche Umsatz des Unternehmens liegt bei rund 25 Millionen Euro. Die Auftragsbücher seien, so Dagmar Liebscher, bis 2025 gut gefüllt. „Wir arbeiten angesichts der Mobilitätswende in einer Wachstumsbranche. Die Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln boomt“, sagt sie. Nach Corona und mit dem Beginn des Ukrainekrieges habe sich das Portfolio verändert. Während die Produktion für die Kabinen-Innenausstattung für Baumaschinen zurückgefahren wurde, produziere man nun verstärkt Innenverkleidungen für gepanzerte Fahrzeuge.
Zur Nachwuchsgewinnung nutzt Lakowa Social Media
Reichlich 250 Mitarbeiter sind mittlerweile bei Lakowa fest angestellt. Hinzukommen befristet Beschäftigte und Leiharbeiter. Auch um eigenen Nachwuchs kümmert sich das Unternehmen und bildet derzeit sieben junge Leute aus. Sie werden zum Beispiel Kunststoff- und Kautschuk-Technologe, Zerspanungsmechaniker oder Metalltechniker. Um junge Leute für die Firma und die Kunststoffbranche zu begeistern, setzt das Unternehmen immer mehr auf verschiedene Social-Media-Kanäle. „Mit einer klassischen Anzeige erreicht man keinen mehr, man muss den Betrieb erlebbar machen“, sagt Sven Mutschink.
Ende September präsentiert sich das Unternehmen auf der Innotrans in Berlin, der weltweit größten Messe für Verkehrstechnik und die Mobilität von morgen. Auf dem Messegelände sind, sagt Sven Mutschink, Schienenfahrzeuge vieler Hersteller zu sehen, „auch einige, in denen unsere Produkte verbaut sind“. Auch der frischgebackene Olympiasieger Tom Liebscher-Lucz kommt extra aus seinem Urlaub nach Berlin an den Lakowa-Stand, um sich selbst ein Bild von den Produkten aus Wilthen und Sohland zu machen.