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Wirte aus Dresden rechnen vor: So setzen sich die Gastro-Preise zusammen

Die hohen Gastro-Preise bringen viele Gäste auf die Palme. Doch den Wirten sind oft die Hände gebunden. Anhand eines Wiener Schnitzels rechnen die Wirte vom Feldschlösschen Stammhaus in Dresden vor, wie die Preise kalkuliert werden.

Lesedauer: 4 Minuten

Man sieht Restaurantleiterin Denise Schmidt mit einem Schnitzelteller
Für das gerade in Sachsen heiß begehrte Wiener Schnitzel müssen Gäste immer tiefer in die Tasche greifen - derzeit sind es 29 Euro im Feldschlösschen Stammhaus. Doch Restaurantleiterin Denise Schmidt sieht sich auf vielen Ebenen zur Erhöhung gezwungen. Quelle: Matthias Rietschel

Juliane Just

Es gibt so einige Dresdner, denen beim Blick in die Speisekarten oder auf Angebotstafeln die Spucke wegbleibt. So teuer? Seit Monaten gibt es kaum ein anderes Gesprächsthema, wenn es um Restaurantbesuche geht. Schnell kommt dann das Vorurteil auf, die Wirte würden sich das Geld vorrangig in die eigene Tasche stecken. Doch ist das wirklich so?

Das Feldschlösschen Stammhaus an der Budapester Straße in Dresden hat sich in die Karten schauen lassen und rechnet vor, wie sich der Preis für das Wiener Schnitzel zusammensetzt – mit überraschenden Ergebnissen.

Die Ausgangslage

Seit der Corona-Pandemie mussten Gastronomen viel rechnen. Beispielsweise wurde die Mehrwertsteuer während der Pandemie für knapp zwei Jahre auf sieben Prozent herabgesenkt, gleichzeitig konnten Restaurants aufgrund der Verordnungen keine Gäste mehr empfangen, hielten sich teils mit Staatshilfen über Wasser. Durch den Krieg in der Ukraine schossen dann 2022 die Preise für Rohstoffe und Energie in die Höhe. Der Mindestlohn stieg ebenfalls an.

„Wir müssen derzeit sehr geduldig sein und den Gästen viel erklären“, sagt Denise Schmidt. Sie ist Restaurantleiterin im Feldschlösschen Stammhaus, dessen Geschichte im Stadtteil Südvorstadt bis 1800 zurückreicht, als hier noch Bier gebraut wurde. Das Verständnis für die Preiserhöhungen sei bei den Gästen lange spürbar gewesen, kippte aber Anfang des Jahres.

Denn am 1. Januar 2024 wurde die coronabedingt herabgesetzte Mehrwertsteuer wieder von 7 auf 19 Prozent zurückgesetzt. Acht von zehn Gastronomen legten die erhöhte Mehrwertsteuer laut einer Umfrage vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga auf die Preise um. Die teils erheblichen Preissprünge brachten Kunden in Rage.

Der Liebling der Gäste im Feldschlösschen Stammhaus war da keine Ausnahme. Von 24,90 Euro sprang das Wiener Schnitzel, das mit Bratkartoffeln, Gurkenschmand und Preiselbeeren gereicht wird, quasi über Nacht auf 29 Euro. „Wie viele andere Gastronomen sahen wir uns gezwungen, die Mehrwertsteuer auf die Kunden umzulegen”, so Denise Schmidt.

So setzt sich der Preis zusammen

Die Kosten für die Zutaten des Wiener Schnitzels sind schnell zusammengezählt: Kalbfleisch gibt es für acht Euro à 150 Gramm, Paniermehl, Eier und Gewürze werden mit etwa 1,50 Euro kalkuliert, das Öl fürs Frittieren liegt bei 50 Cent, die Beilagen bei rund 3 Euro. Das macht summa summarum 13 Euro für das Wiener Schnitzel.

Die Rohstoffe für das Wiener Schnitzel mit Bratkartoffeln und Gurkenschmand liegen bei 13 Euro – am Ende wird es mehr als doppelt so viel kosten.
Quelle: Matthias Rietschel

Dass das Schnitzel am Ende fast doppelt so teuer ist, liegt an den zusätzlichen Kosten, die die Gastronomen noch zu tragen haben. Die Personalkosten zum Beispiel liegen bei 6 Euro für das Gericht – für Zubereitung und Service. Die Betriebskosten wie Miete, Nebenkosten und Versicherungen schlucken weitere 3 Euro. Sonstige Kosten wie für Hygiene und Werbung werden pauschal mit 1 Euro kalkuliert. Nimmt man all das zusammen, belaufen sich die Gesamtkosten pro Schnitzel auf 23 Euro.

Ein Schnitzel: 29 Euro

Wie der Preis für ein Schnitzel mit Beilage im Feldschlößchen-Stammhaus kalkuliert wird

Die Gewinnspanne

Verkauft wird das Wiener Schnitzel im Feldschlösschen Stammhaus im Nettopreis für 24,40 Euro, plus Mehrwertsteuer für 29 Euro. Die Gewinnspanne pro Gericht: gerade einmal 1,40 Euro.

„Das zeigt, dass hohe Preise in der Gastronomie nicht zu höheren Gewinnen führen, sondern vielmehr die gestiegenen Kosten abdecken müssen“, sagt Mandy Seidel, eine der beiden Geschäftsführerinnen vom Feldschlösschen Stammhaus.

Gerade hilft bei Gesprächen mit den Gästen nur viel Geduld, darin sind sich Betriebsleiter Sven Mann und Mandy Seidel, Geschäftsführerinnen vom Feldschlösschen Stammhaus, einig.
Quelle: Matthias Rietschel
Ein gutes Wiener Schnitzel braucht nicht viele Zutaten. Doch zum Grundpreis für die Zutaten kommen noch unzählige Kosten hinzu.
Quelle: Matthias Rietschel
Ein Gericht wie das Wiener Schnitzel geht durch mehrere Hände. Küchenchef Vladimir Schuldeis gibt es dann aus der Küche ans Servicepersonal weiter.
Quelle: Matthias Rietschel

Fazit

Die Marge für den wirtschaftlichen Betrieb ist trotz des satten Preises von 29 Euro pro Portion Wiener Schnitzel gering. Bei 1,40 Euro Gewinn zahlen sich für das Feldschlösschen Stammhaus nur viele Portionen aus. Aber viele Wirte bemängeln eben auch, dass Kunden nicht mehr bereit sind, die hohen Preise zu zahlen.

Dabei sind die Gastronomen oft in einem Teufelskreis gefangen. Durch die hohen Preise kommen die Kunden in größeren Abständen essen und sparen sich dann beispielsweise ein zweites Bier oder das Dessert vom Munde ab. Gleichzeitig steigen die Kosten in vielen Bereichen, auch Lieferanten heben die Preise an, der steigende Mindestlohn ist unumgänglich.

„Der Gast sollte sich keine Gedanken machen, wie sich der Preis für ein Gericht im Restaurant zusammensetzt. Das ist ja schließlich unser Job, die Gäste sollen sich zurücklehnen“, sagt Mandy Seidel. Aber jetzt, da den Wirten oft Halsabschneiderei vorgeworfen werden, wolle man transparent sein.

Was zusätzlich in die Gastro-Preise einfließt

Gehälter, Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Mehrwertsteuer, Einkommensteuer, Kirchensteuer, Gewerbesteuer, Grundsteuer, Ergänzungsabgabe, Gesundheitszeugnisgebühren, Behindertenabgabe, IHK Beträge, Anmeldungs und Prüfungsgebühren Auszubildende, Getränkeleitungsprüfgebühren, Getränkeleitungsreinigungskosten, GEMA-Gebühren, Schornsteinfegergebühren, Kanalgebühren, Abwassergebühren, Müllabfuhrgebühren, Straßenkehrgebühren, Beiträge zur Berufsgenossenschaft, Telefongrundgebühren, Sozialversicherungs-, Krankenversicherungs-, Sturm-versicherungs-, Haftpflichtversicherungs-, Rechtschutz-versicherungs-, Feuerversicherungs-, Einbruchdiebstahl-versicherungs-, Glasbruchversicherungs-, Betriebsunter-brechungsversicherungsbeiträge, Strom, Wasser, Heizung, Lagerkosten, Miete, Pachten, Leasinggebühren, Werbekosten, Spenden, Lohnfortzahlungen, Buchhaltungskosten, Steuerberaterkosten, Material- und Geräteverschleiß, KFZ-Kosten, Druckkosten, Reinigungskosten, Fahndungskosten für Zechpreller, Lebensmittelüber-wachungskosten, Pauschalumlage für Altersversorgung, Rechts-und Beratungskosten, Bürokosten, Subventionskosten, diverse Honorare, Gagen, Nachtkonzession, Konzessionskosten für Außenbestuhlung, Roh-, Hilfs-, Betriebskosten, Technischer Service, Berufsbekleidung, Dekorationskosten, Kosten Hintergrundmusik, Hausmeister…

Auch Dehoga-Chef Axel Klein warnte bereits zu Beginn des Jahres vor den Preissteigerungen, die die Zurücksetzung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent provozierten. „Es wird jetzt darauf ankommen, die Preiserhöhungen den Menschen zu erklären. Wer verdient daran? Das ist der Staat.“

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