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Wismut reißt ab und baut neu

Der ehemalige Uran-Standort bei Königstein wird verkleinert. Für die sanierten Flächen gibt es neue Nutzer.

Lesedauer: 3 Minuten

Der Rückbau des Industriestandortes der Wismut im Königsteiner Ortsteil Leupoldishain geht planmäßig voran. Das verkündete jetzt die Wismut GmbH bei der jährlichen Informationsveranstaltung.

Die Schächte sind komplett verschlossen. Unter Tage arbeitet niemand mehr. Über Tage sind die Fortschritte gut zu erkennen. Wo einst die Kernlagerhalle und Baracken standen, ist jetzt eine freie Fläche entstanden. Auch die Plastewerkstatt und die Prüfstelle E werden noch dieses Jahr abgerissen.

Auf dem Betriebsgelände wird aber auch neu gebaut, obwohl der Bergbau längst eingestellt ist. Doch das hat Sinn: Das Umbauprogramm dauert noch Jahre und für die kleiner werdenden Aufgaben braucht man entsprechende Räumlichkeiten. Erst im vergangenen Jahr wurde ein neues Hauptgebäude nördlich des Parkplatzes bezogen. In dem Haus mit der farbenfrohen Fassade sind unter anderem eine moderne Kantine und Umkleiden untergebracht. Zuvor wurden schon eine neue Elektrowerkstatt und Trafostation gebaut. Die alte von Schacht 388 wird spätestens 2021 abgerissen. Einrichtungen, die für die verbliebenen Aufgaben noch gebraucht werden, rücken näher zusammen.

Zurzeit liegt die Konzentration auf dem Umbau der Aufbereitungsanlage für das Flutungswasser. Das Wasser aus der zu zwei Dritteln gefluteten Grube wird über zwei 300 Meter tiefe Förderbohrlöcher zu Tage gebracht, in einer Aufbereitungsanlage gereinigt und dann in die Elbe abgegeben. Mit Kalk wird der pH-Wert angehoben und mit Zugabe spezieller Chemikalien werden Schadstoffe aus dem Wasser als schwer lösliche Verbindungen ausgesondert. Bei der Reinigung sind derart viele Stoffe aus dem Wasser zu holen, dass Sanierungsleiter Carsten Wedekind launisch erklärt, dass der Wismut-Standort in Königstein eigentlich eine Chemiefabrik mit angeschlossenem Bergwerk ist. In großer Öffentlichkeit lässt er solche Sätze aber bleiben. Das kommt nicht gut an im Landschaftsschutzgebiet Sächsische Schweiz.

Gemacht werden müsse diese Arbeit aber nun mal. Das sei ein Erbe vergangener Zeiten, das jetzt abgetragen wird. Weil die Konzentration von Uran und weiteren Schadstoffen im Flutungswasser aber in den vergangenen 20 Jahren deutlich gesunken ist, kommt die Wismut zukünftig mit einer kleineren Anlage aus. Der Rohbau dafür ist weitestgehend abgeschlossen. Jetzt beginnen die aufwendigen Installationsarbeiten.

 Für den Herbst ist der erste Probebetrieb geplant. Läuft alles gut, wird die überdimensionierte Alt-Anlage für die Wasseraufbereitung beseitigt. Dazu gehört auch die Uranabtrennung aus dem Wasser. Das sei wegen der niedrigen Konzentration künftig nicht mehr nötig, erklärt Stefan Mann von der Wismut-Geschäftsführung. Die Kosten des Umbaus bei laufendem Betrieb betragen laut Wismut rund 9,3 Millionen Euro. Außerdem wird noch ein Wärmetauscher gebaut. So wird Energie, die bei den chemischen Prozessen entsteht, für den Heizkreislauf am Standort genutzt. Überschüssiger Strom, der möglicherweise nach außen abgegeben werden könnte, würde aber nicht entstehen, heißt es.

Kritik des Bürgermeisters

Struppens Bürgermeister, Rainer Schuhmann (CDU), wünscht sich, dass die Uran-Abscheidung beim Flutungswasser auch zukünftig beibehalten würde. „Auch wenn die anfallenden Mengen weniger werden“, sagte er im Umweltbeirat. Die Genehmigungsbehörden haben aber kein Problem damit, dass die letzten Reste mit dem Schlamm deponiert werden. Zu dem, was die heutigen Wismut-Verantwortlichen vom früheren Betrieb geerbt haben, gehört auch die alte Halde, die 1965 mit dem Aufschluss der Grube angelegt wurde. Auf der landeten bis 1994 etwa 3,7 Millionen Kubikmeter Reste des Uranbergbaus.

Die Sanierung ist kein Geheimprojekt. Sanierungsleiter  Wedekind organisiert auch Führungen auf dem Gelände. In Bergmannssprache heißt das natürlich Befahrung. In den Berg einfahren, kann aber niemand mehr. „Das ist für alle vorbei“, sagt Wedekind.

Erst kürzlich hatte er auch einer Gruppe besorgter Anlieger alles gezeigt, was auf dem Gelände vor sich geht. Insbesondere ging es darum, was alles auf der Schüsselgrundhalde deponiert wird, speziell im Sondereinlagerungsbereich. „Hier wird nichts angeliefert. Das ist einzig der Schlamm von der Aufbereitungsanlage des Flutungswassers“, sagt Wedekind. In dem sind giftige Schwermetalle.

Nachnutzung für Landwirtschaft

Der Schlamm wird auch nicht nur abgekippt. Das Deponieren ist ein komplexes technisches Verfahren. Der Schlamm wird zum Beispiel in einem bestimmten Verhältnis mit Zuschlagstoffen zu einer stabilen Masse vermischt. Regelmäßig werden extra Schichten mit Mineralstoffen aufgebracht, um eine Verstaubung zu vermeiden. Vor einer gesundheitsgefährdenden Strahlenbelastung brauche nach Aussage des Sanierungsleiters niemand Angst haben. Beschäftigte, die in den entsprechenden Bereichen arbeiten, werden permanent dosimetrisch begleitet. „Sie tragen Messgeräte an der Kleidung. Bisher wurden keinerlei Auffälligkeiten registriert“, erklärt Wedekind.

Bis zum Jahr 2025 soll die Sanierung der Flächen abgeschlossen sein. Die sollen dann an neue Nutzer übergeben werden. Bis dahin entstehen Grünflächen auf neuen Böden. Ein Teil davon wird von der Agrargenossenschaft Struppen für die Grünfutterproduktion genutzt.

 

Von Gunnar Klehm  

Fotos: © Gunnar Klehm

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