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Wo Kinder zu Tüftlern werden

In der Oderwitzer Erfinderkiste sind Jungen und Mädchen eingeladen zum Experimentieren, Basteln, Hämmern, Forschen. Ziel ist es, die Techniker, Ingenieure, Handwerker und Wissenschaftler von morgen zu finden.

Lesedauer: 2 Minuten

Zwei Frauen stehen neben einem Erfindertisch.
Gisela und Julia Glathe (v.r.) wollen die kindliche Lust am Entdecken und Experimentieren wecken. Das klappt schon gut. Foto: Thomas Kretschel

Von Irmela Hennig

Oderwitz. Bitte nicht anfassen!“ – Diesen Hinweis sucht man in der Oderwitzer Erfinderkiste vergebens. In der Lernwerkstatt nordwestlich von Zittau ist das Zugreifen, Ausprobieren, Benutzen Teil des Konzepts. Und so gibt es in den Räumen einer ehemaligen Weberei jede Menge offene Regale und Kästen. Aus denen dürfen sich Besucher, allen voran Drei- bis Zwölfjährige, bedienen. Beispielsweise bei Zapfen und Holz, Pappe, Papier, Farben, leeren Joghurtbechern und Teeschachteln, bei Klammern und Wolle, Werkzeug, Kostümen, Büchern, Spielen. Sie können mithilfe von Unterwasserkameras das Leben im Bach ergründen und mit Wasser, Backpulver, Essig und Lebensmittelfarbe einen Vulkanausbruch erzeugen.
„Das, was nicht in Kinderhände gelangen soll, bewahren wir außer Reichweite auf“, sagt Gisela Glathe. Sie gehört zu den Gründern und Betreibern der Erfinderkiste. Auf 300 Quadratmetern Fläche bietet die Tische und Nischen. Dort experimentieren, bauen, basteln, hämmern, schrauben, kleben, malen die Jungen und Mädchen. Sie erschaffen mit dem 3-D-Drucker unter anderem Schneesterne. Am Auseinanderbautisch werden alte Kaffeemaschinen und Radios in ihre Einzelteile zerlegt. „Um zu ergründen, wie sie funktionieren“, so Gisela Glathe. An einer Waage mit Waagschalen lässt sich üben, wie man Dinge in Waage bringt. „Zu Hause haben viele ja nur noch ein elektronisches Gerät, auf dem eine Zahl erscheint. Hier sehen sie, was dahintersteckt“, erklärt Glathe.
Eine selbst gebaute Wasserstrecke hilft zu verstehen, wie eine Flüssigkeit von A nach B gelangt. Und wenn dabei getropft wird, gehört das einfach dazu. In der Kostümecke kann man sich verkleiden und Theater spielen. Ein Koch- und ein Sprachkabinett, wo es auch um Musik und Bewegung geht, ergänzen das Angebot.
Vor etwa 20 Jahren wurde all dies gestartet. Den Gebäudekomplex hatte Familie Glathe 2004 übernommen. Träger der Erfinderkiste ist der Verein Waldhäusl, der in Zittau einen Kindergarten betreibt, so Gisela Glathe, Geschäftsführerin des Vereins. Mit Eltern wurde quasi als Ergänzung die Lernwerkstatt entwickelt. Viele Wünsche der Kinder für diesen Ort seien aufgegriffen worden. Darum steht hier auch ein Baumhaus, existiert besagte Wasserstrecke.

Auch Kindergeburtstage möglich
Anliegen war und ist es, so erzählen es Gisela und Tochter Julia Glathe, bei den Kleinen die Lust am Forschen und Entdecken, das Interesse an Naturwissenschaft und Technik zu entwickeln. Man wolle die Programmierer und Elektroingenieure, Meeresbiologen und KI-Tüftler, aber auch Handwerker, Buchautoren, Künstler, Schauspieler von morgen in den Kindern wecken. Zudem Teamgeist fördern sowie das Voneinander-Lernen.
Eine Lernbegleiterin ist angestellt, motiviert die Kinder zum Beispiel durch gezielte Fragen, etwas zu versuchen oder bei einem Projekt voranzukommen. Und sie ermutigt. „Denn die Frustrationsgrenze ist sehr niedrig“, weiß Julia Glathe. Die Architektin gehört wie Gisela Glathe zu zwölf Ehrenamtlern, die sich kontinuierlich in der Erfinderkiste engagieren. Die Frauen haben eigens eine Trainerausbildung im Haus der kleinen Forscher Berlin gemacht, um überdies Erzieher und Lehrer für die besondere Bildungsarbeit fit zu machen.
Vor allem an Kitagruppen, Schulklassen sowie Familien richten sich die Angebote. Es gibt zudem Ferienprogramme und die Möglichkeit, in der Lernwerkstatt Kindergeburtstage zu feiern. Institutionell staatliche gefördert wird all das nicht. Privatleute und Firmen unterstützen mit Sachspenden oder durch kostenlose Reparatur- und Wartungsarbeiten. Betriebe, die „feststellen, dass ihre Lehrlinge nicht mehr feilen können“, machen hier Aktionen mit Kindern. Einige Senioren, die im barrierefreien „Service Wohnen“ auf dem Geländer der Ex-Textilfabrik leben, bringen Jungen und Mädchen Stricken, Drachenbau und Ähnliches bei. Finanziert wird die Erfinderkiste über Projektmittel sowie Beiträge der Teilnehmenden, die aber nur helfen würden, Materialkosten zu decken. Manche Angebote seien kostenfrei. „Weil wir das wirklich allen ermöglichen wollen“, begründet Julia Glathe.

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