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Wovon die Lausitz künftig leben soll

Der Kohlekommission fällt in ihrem Zwischenbericht zum Strukturwandel nicht viel Neues ein für die Ost-Region.

Lesedauer: 3 Minuten

Wann ist Schluss?! Eine Antwort auf diese Frage gibt es noch nicht im Zwischenbericht der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung. Die Bundesregierung hat das Gremium im Juni 2018 eingesetzt, um zu klären, wann und wie Deutschland aus der Kohleverstromung aussteigt. Am Donnerstag hat die sogenannte Kohlekommission ein erstes Papier vorgelegt. Es fasst die Ausgangslage für das Lausitzer, das Mitteldeutsche, das Helmstedter sowie das Rheinische Braunkohlerevier zusammen. Ein Datum für das Ende der Kohle als Energielieferant nennt es noch nicht. Die SZ fasst den Bericht zusammen.

Die Ausgangslage: 60  000 Jobs hängen deutschlandweit an der Braunkohle

Die Kommission hat in ihrem Papier skizziert, welche Bedeutung die Braunkohleförderung und die Verstromung für Deutschland hat. So hängen rund 20 000 Arbeitsplätze direkt am Rohstoff. Weitere 40 000 indirekt, zum Beispiel bei Dienstleistern. Zudem sind allein im Rheinischen Revier etwa 93 000 Menschen in stromintensiven Branchen tätig und auf verlässliche und kostengünstige Energie angewiesen. 2016 „lieferte“ die Kohle für die Lausitz ein Einkommenssteuer-Volumen von zwölf Millionen Euro, 4,6 Prozent des Aufkommens. Im Rheinischen Revier waren es 19 Millionen, im Mitteldeutschen drei Millionen Euro. Das Helmstedter Revier ist quasi abgewickelt. Die Innovationskraft der Ostreviere stuft die Kommission als gering ein. 0,33 Prozent der Beschäftigten sind in Forschung und Entwicklung tätig. Bundesweit seien es 1,32 Prozent.

Die Prognose: Die Bevölkerung wird altern, Fachkräfte werden fehlen

Für das Lausitzer und das Mitteldeutsche Revier erwartet die Kommission sinkende Einwohnerzahlen und ein steigendes Durchschnittsalter. 2035 werden 45 Prozent der Ober- und Niederlausitzer über 60 Jahre alt sein (Bundesschnitt: 36 Prozent). Fachkräfte werden immer stärker fehlen, wenn es nicht gelingt, junge Menschen zu halten oder zu(rück)zugewinnen.

Die Chance: Die Reviere können zu Modellregionen werden

In den Revieren soll, so die Kommission, Exemplarisches geschaffen werden. Ziel sei es, den Wirtschaftsstandort Deutschland als Ganzes zu stärken, indem „Klimaschutz, gute Arbeit und Wirtschaft in Einklang gebracht werden“ – über Modellprojekte in den betroffenen Gebieten.

Die grundsätzlichen Vorschläge: Mehr Geld, passende Gesetze und Förderung

Der Strukturwandel läuft bereits. Die Unterstützung für die Regionen muss jetzt beginnen beziehungsweise ausgebaut werden. In der aktuellen Legislaturperiode stehen dafür 1,5 Milliarden Euro für alle Reviere zusammen zur Verfügung. Die Kommission sieht das „allenfalls als einen ersten Schritt“, nennt aber keine Summe für künftige Hilfen. Das Geld müsse den Regionen direkt zur Verfügung stehen. Nicht verbrauchte Mittel sollen auf Folgejahre übertragbar sein. Von der Braunkohle verabschiedet sich das Gremium nicht völlig. Sie sei als Rohstoff für die chemische und petrochemische Industrie noch lange nutzbar. Ob das so kommt und wenn ja, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen, müsse erforscht werden. Die Bundesregierung muss mit der EU über Fördermittel verhandeln. Die Rahmenbedingungen müssen so angepasst werden, dass auch kleine und mittelständische Unternehmen davon profitieren können. Zur rechtlichen Begleitung schlägt die Kommission Strukturwandelgesetze oder Staatsverträge vor. Im Abschlussbericht bis Jahresende sollen die Ideen konkretisiert werden.

Die Lausitz: Digitalisierung und Elektroroller

Die Lausitz und das Rheinische Gebiet sollen Modellregionen für den nächsten Mobilfunkstandard 5G werden. In der Lausitz sollten Dienstleistungszentren für kleine und mittelständische Unternehmen entstehen, die diese Betriebe bei der Digitalisierung unterstützen. Denn die können Hardware und nötige Fachkräfte oft nicht selbst vorhalten. Forschungseinreichtungen sollen gezielt angesiedelt, die Verkehrsinfrastruktur ausgebaut werden. Konkret schlägt die Kommission die Elektrifizierung der Bahnstrecke Dresden–Görlitz und den Ausbau der Strecke Berlin–Cottbus–Görlitz als Schnellzug-Verbindung vor. Eine kurzfristige Idee für beispielsweise Görlitz sei die „Organisation der letzten Meile“. Zugfahrer könnten für den Weg von der Bahn zum Ziel reservierte Leih-Elektroroller oder Pedelecs nutzen. Beim Autobahnausbau wird nur die A 13 zwischen Schönefeld und dem Dreieck Spreewald erwähnt, die A 4 bleibt ungenannt.

Das Mitteldeutsche Revier: Glascampus und Gründung einer Hochschule

Die Glasindustrie sei für die Region ein „zukunftsträchtiges Kernelement“. Ein Glascampus Torgau könne als Weiterbildungszentrum für Fachkräfte etabliert werden. Die Gründung einer staatlich anerkannten, privaten Hochschule für Elektrotechnik, Informatik und Wirtschaftsinformatik wird genannt, da die Universität Leipzig eher geisteswissenschaftlich geprägt sei.

 

Von Irmela Hennig

Foto: © dpa

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