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Zahl der Niedriglohnjobs ist in Sachsen deutlich gesunken

In Sachsen arbeiten heute deutlich weniger Menschen im Niedriglohnbereich als noch vor zehn Jahren. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht den Rückgang positiv, fordert aber eine weitere Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro.

Lesedauer: 2 Minuten

Leipzig. In Sachsen wie in Gesamtdeutschland gibt es weniger Niedriglohn-Jobs: Deutschlandweit sank die Zahl binnen zehn Jahren um 1,3 Millionen. Besonders deutlich schrumpfte der Niedriglohnsektor nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in den östlichen Bundesländern: Bezogen auf alle Beschäftigungsverhältnisse halbierte er sich nahezu.

In Sachsen gab es 2014 – also knapp ein Jahr vor der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns – noch rund 571.000 Jobs im Niedriglohnbereich. Damals lag die Niedriglohnquote bei 35,4 Prozent, bei insgesamt 1,614 Millionen Beschäftigungsverhältnissen, wie das Statistische Landesamt in Kamenz mitteilt. Die Niedriglohnschwelle betrug damals zehn Euro brutto pro Stunde.

Floristik und Handel von Niedriglöhnen besonders betroffen

Im vergangenen Jahr lag der Bruttostundenlohn in Sachsen von rund 320.000 Beschäftigten unter der Niedriglohnschwelle von 13,79 Euro. Bei insgesamt 1,719 Millionen Beschäftigten entsprach das einer Niedriglohnquote von 18,6 Prozent.

In Westdeutschland verringerte sich der Anteil im genannten Zeitraum nur um drei Prozentpunkte auf 16 Prozent.

Zum Niedriglohnsektor zählen alle Beschäftigungsverhältnisse (ohne Auszubildende), die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttostundenverdienstes entlohnt werden. Wer also weniger als 2200 Euro brutto verdient, bezieht nach Angaben der Landesarbeitsagentur ein Einkommen im Niedriglohnbereich.

Besonders betroffen sind Beschäftigte in den Bereichen Gastronomie, Floristik, Körperpflege, Textilverarbeitung, Tierwirtschaft oder Verkauf von Lebensmitteln.

Der deutliche Rückgang der Beschäftigten im Niedriglohnbereich ist ein gutes Signal, kann aber noch nicht zufrieden stellen. – Markus Schlimbach, DGB Sachsen

Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) wird die Entwicklung als positiv gesehen. Der Kampf der Beschäftigten für bessere Löhne sowie die Einführung des Mindestlohns hätten besonders in Sachsen Wirkung gezeigt. „Der deutliche Rückgang der Beschäftigten im Niedriglohnbereich ist ein gutes Signal, kann aber noch nicht zufrieden stellen“, sagt Sachsens DGB-Chef Markus Schlimbach.

Im Bundesvergleich steht Hamburg mit einem Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor von 12,6 Prozent am besten da. Sachsen landet nach Mecklenburg-Vorpommern (19,6) auf dem zweitletztem Platz.

DGB fordert höhere Tarifbindung

Der Mindestlohn sei immer noch zu niedrig und müsse auf 60 Prozent des mittleren Bruttolohns in Deutschland angehoben werden – das entspräche 15 Euro pro Stunde, betont Gewerkschafter Schlimbach. Aktuell beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12,82 Euro, zur Einführung waren es 8,50 Euro. „Klar ist aber auch, dass der Mindestlohn nur die untere Haltelinie ist.“ Nur mit guten Tariflöhnen lasse sich der Niedriglohnbereich weiter zurückdrängen.

Joachim Ragnitz vom Wirtschaftsinstitut ifo in Dresden kritisiert das. Nach seiner Berechnung nimmt der DGB einen Stundenlohn zur Grundlage, in dem auch die Löhne von Teilzeitbeschäftigten einfließen.

Als Vergleich sollten nach Meinung des Wirtschaftsprofessors aber die mittleren Entgelte der Vollzeitbeschäftigten in Sachsen dienen. Der Bruttomonatsverdienst von Vollzeitbeschäftigten im Freistaat beträgt demnach 3796 Euro oder 22,25 Euro pro Stunde. „Davon 60 Prozent sind 13,35 Euro. Da sind wir weit weg von der Forderung nach einem Mindestlohn von 15 Euro.“

Forderung passt nicht in konjunkturell schwierige Situation

Auch hält der Wissenschaftler eine Orientierung am gesamtdeutschen Durchschnittswert für problematisch. Zwar nähert sich die Kaufkraft in Ost und West immer mehr an. Aber die Verbraucherpreise in den neuen Bundesländern liegen laut Ragnitz immer noch rund sieben Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Demzufolge sollte auch der Mindestlohn im Osten etwas niedriger ausfallen: Statt 15 Euro, wie gefordert, wären 13,95 Euro realistischer. Umgekehrt sollte der Mindestlohn in Bayern und anderen westlichen Bundesländern über 15 Euro liegen.

Generell komme aber die Forderung nach einem höheren Mindestlohn zur falschen Zeit, da das Land in einer konjunkturell schwierigen Situation stecke. „Starke Lohnerhöhungen würden deswegen Beschäftigung gefährden, gerade auch bei Niedrigeinkommensbeziehern – zumal wir in Deutschland eh schon mit die höchsten Löhne in Europa haben.“

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