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Zum Tag des deutschen Bieres: So geht es Sachsens Brauern

An diesem Sonntag ist Tag des deutschen Bieres. Sachsens Brauerbund zeigt einen neuen Werbefilm. Die Auszubildenden planen über den Tag hinaus – einer geht auf Weltreise.

Lesedauer: 4 Minuten

Das Bild zeigt künftige Brauer aus Sachsen (2 Männer und eine Frau)
Künftige Brauer aus Sachsen: Michelle Strobel (von rechts) lernt bei Wernesgrüner, Josef König bei Ur-Krostitzer und Paul Bergmann bei Radeberger. In ihren Betrieben dürfen sie keinen Alkohol trinken. © Jürgen Lösel

Von Georg Moeritz

An diesem Sonntag ist Tag des deutschen Bieres. Sachsens Brauerbund zeigt einen neuen Werbefilm. Die Auszubildenden planen über den Tag hinaus – einer geht auf Weltreise.

Dresden. Michelle Strobel trinkt lieber ein Helles als süße Biere. Aber für ihre Abschlussprüfung hat die 22-Jährige ein Märzenbier mit Münchner Malz angesetzt. Die angehende Brauerin und Mälzerin durfte auch die Etiketten für ihren Gesellensud namens „Glowing Märzen“ selbst gestalten – das gehört zur Prüfung an der Dresdner Brauerschule dazu.

Die Brauerschule für alle 95 Lehrlinge aus den fünf neuen Ländern steht in Dresden nahe dem Straßburger Platz, als Teil des Beruflichen Schulzentrums für Agrarwirtschaft und Ernährung. Darin gibt es einen weiß gefliesten Raum mit Brautechnik. Aber nebenan lädt ein Holztresen ein, und Vitrinen zeigen eine Sammlung alter Biergläser – mit Aufdrucken wie Bergbrauerei Riesa oder Goldener Reiter.

Poster an der Wand erklären den Umgang mit Druckgasbehältern und die Bestandteile des Zapfkopfs: „Aus einer sauberen Leitung ist gut zapfen.“ Michelle Strobel wird bei ihrer Abschlussprüfung auch Fragen zur Schankanlagentechnik beantworten müssen und hat sich darauf vorbereitet. Diesen Teil der Prüfung müsse jeder bestehen, sagt sie.

In der Brauerei ist Alkoholkonsum verboten

In ihrem Lehrbetrieb Wernesgrüner Brauerei mit rund 100 Beschäftigten hat sich Strobel fürs Labor beworben. Falls sie übernommen wird, könnte ihr Platz also bald in der Qualitätskontrolle sein. Bier trinken gehört aber nicht dazu – die Auszubildenden betonen, dass in ihren Betrieben der Alkoholkonsum verboten ist.

Erfahrung mit Geschmacksrichtungen sammeln die Lehrlinge trotzdem während der Ausbildung. Josef König, der vor der Ausbildung schon ein paar Semester Biotechnologie studiert hat, wünscht sich mehr Innovationen von der Bierbranche. Sein Gesellensud war ein Cream Ale, ein amerikanisches Handwerksbier mit Rohfruchtmais. Solche Zutaten könne man fertig kaufen, sagt König.

Doch für die Abschlussprüfung müssen die Auszubildenden genaue Braupläne aufschreiben und umsetzen. Josef König lernt bei Ur-Krostitzer, wird aber nach der Ausbildung ein Jahr auf Weltreise gehen und hat schon die Stationen von Asien über Nordamerika bis Australien geplant – mit den Brauereien, die er sehen will.

Brauerei Großröhrsdorf geschlossen, insgesamt Zuwachs

Paul Bergmann wechselt nach der Lehre von Radeberger zu Feldschlößchen nach Dresden, weil sein Ausbildungsbetrieb ihm zunächst keine Stelle anbieten konnte. Radeberger-Geschäftsführer Olaf Plaumann betont aber, dass sein Betrieb mit 270 Mitarbeitern einen Lehrling vom Böhmisch Brauhaus übernommen habe. Dieser Betrieb in Großröhrsdorf mit neun Beschäftigten stellte im Februar den Betrieb ein.

Geschäftsführer Stefan Tentler hatte im Herbst die Schließung in Großröhrsdorf angekündigt und mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten begründet. Gasthausschließungen während Corona, dann steigende Kosten bremsten die Brauereien – vor allem das Fassbier. Doch insgesamt sei die Branche stabil, betont der Sächsische Brauerbund. Die Zahl der Beschäftigten in Sachsens Brauereien liege seit Jahren bei 2.000. Die Arbeitsagentur zählte Mitte vorigen Jahres 1.345 sozialversicherte Beschäftigte, darunter rund 250 Brauer und Mälzer.

Nachwuchssorgen habe diese Branche im Unterschied zu vielen anderen nicht, sagte Brauerbund-Geschäftsführer Thomas Gläser. Die Schließung in Großröhrsdorf sei die erst seit vielen Jahren, insgesamt wuchs die Zahl der Braustätten in Sachsen auf nun 80. Nach der Wende war die Zahl rasch geschrumpft, 1995 gab es in Sachsen noch 32 Brauereien, im Jahr 2002 dann 57. Immer mehr Gastwirte beginnen das Brauen.

Bierproduktion in Sachsen sinkt seit sieben Jahren

Bei einem Pressegespräch am Freitag zeigte Gläser einen neuen Imagefilm, der von der Landesregierung als Teil der Werbekampagne „So geht sächsisch“ finanziell unterstützt wurde. Die 90 Sekunden, auch auf der Internetseite des Sächsischen Brauerbundes abrufbar, zeigen schöne sächsische Landschaften und junge Leute – dazu eingeblendete Worte wie Heimatliebe, Braukunst und Feierabend.

Hat die Branche staatlich geförderte Werbung nötig? Verbandsgeschäftsführer Gläser zeigte eine Grafik, die abwärts verläuft: Seit 2016 sinkt die Bierproduktion in Sachsen, es war das siebte Jahr in Folge. Voriges Jahr wurden gut 700 Millionen Liter Bier in Sachsen hergestellt, so wenig wie vor 20 Jahren. Zwischendurch waren es 2015 mal gut 850 Millionen Liter.

In den beiden Corona-Jahren habe die Branche mehr als sieben Prozent ihres Absatzes verloren. Zeitweise schütteten Brauer Fassbier weg. Sachsen habe aber Platz 3 in Deutschland behauptet – hinter Bayern und Nordrhein-Westfalen. Nach dem Corona-Einbruch startete die Branche nun mit einem Wachstum ins neue Jahr: In den beiden ersten Monaten war die gebraute Menge 5,2 Prozent höher als ein Jahr zuvor, sagte Gläser.

Drei Viertel des Bieres aus Sachsen würden in Sachsen getrunken, ins Ausland flössen etwa zehn Prozent. Der Export nach Russland und in die Ukraine sei aber zum Erliegen gekommen. Zu den Trends gehören alkoholfreies Bier und Mischgetränke. Während der Corona-Zeit hat auch die langjährige Monomarken-Brauerei Radeberger ein alkoholfreies Pils auf den Markt gebracht.

Radeberger-Chef: Für Dorffeste Schanktechnik verliehen

Radeberger-Chef Plaumann sagte, die Brauerei freue sich nun aufs anbrechende Fest- und Eventgeschäft. Zwar seien Elbhangfest und andere Veranstaltungen abgesagt, aber auf dörflichen Feuerwehrfesten sei wieder mehr los – das merke er auch an Reservierungen für Ausschanktechnik. „Der Wettergott ist unser bester Verkäufer“, sagte Jan Gerbeth, Chef von Sternquell Plauen mit fast 100 Mitarbeitern. Er freue sich über jede neue Craftbeer-Brauerei, die stärke das Ansehen und die Wertigkeit des Bieres.

Wie viele Branchenvertreter klagen auch die Brauereichefs über gestiegene Kosten für Energie, Zutaten und Verpackungen. Jörg Dierig, geschäftsführender Gesellschafter der Mauritius Brauerei Zwickau mit 54 Beschäftigten, sprach von einer „Kostenlawine“ im vorigen Jahr. In den Gaststätten stiegen die Preise.

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